Nach Warnstreik:Leinen los für die Ausflugsdampfer

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Seenschifffahrt und Gewerkschaft einigen sich auf einen Tarifvertrag

Von Ralf Scharnitzky, München

Sechs Wochen Ferien in Bayern, Abertausende Touristen im Freistaat, hauptsächlich in Oberbayern - und auf Tegernsee, Königssee, Ammersee und Starnberger See fahren keine Schiffe, oder nur unregelmäßig. Eine schreckliche Vorstellung für die Verantwortlichen der Bayerischen Seenschifffahrt. Verständlich: In den Häfen bleibende Ausflugsdampfer sind schlecht fürs Image und noch schlechter für die Finanzen. Bei gutem Wetter machen in der Hochsaison täglich mehrere Tausend Fahrgäste eine Fahrt mit einem der 33 Motorschiffe. Deshalb hat auch nur ein Tag Warnstreik ausgereicht: Die Schifffahrts-Gesellschaft und die Gewerkschaft Verdi haben sich am Dienstagabend auf einen Tarifvertrag geeinigt - den ersten seit der Gründung der GmbH vor fast 20 Jahren. Bis zum 21. August fahren jetzt erst einmal alle Schiffe wieder planmäßig.

Vor allem am Tegernsee und am Königssee folgten Kapitäne, Matrosen und Stegwarte am Montag dem Streikaufruf - und legten damit den Schiffsverkehr auf den beiden kleinen Seen lahm. Auf dem Starnberger See und dem Ammersee waren die Dampfer fahrplanmäßig unterwegs; hier gingen nur wenige auf die Barrikaden. Trotzdem kam in die Ende vergangener Woche festgefahrenen Verhandlungen Bewegung. "Das Angebot am Freitag war nicht zu akzeptieren, mit dem am Dienstag vorgelegten Papier können wird leben", sagte Verdi-Verhandlungsführer Norbert Flach am Mittwoch. Bei dem Tarifstreit ging es vor allem um die unterschiedliche Behandlung der Mitarbeiter. Beschäftigte, die schon seit Langem bei der Bayerischen Seenschifffahrt arbeiten, fallen noch unter das Tarifrecht des öffentlichen Dienstes. Seit der Privatisierung 1997 und der Gründung einer GmbH, die zu 100 Prozent in Staatsbesitz ist, werden neue Mitarbeiter nur noch ohne Tarifbindung eingestellt - mit deutlich schlechterer Bezahlung, weniger Urlaubstagen und keinen Sonn- und Feiertagszuschlägen. Zwar ist es Verdi nicht gelungen, für mehr als die Hälfte der 180 Mitarbeiter in allen Punkten an den Ursprungstarifvertrag heranzukommen, "aber es ist ein ganz großer Schritt in diese Richtung", so Flach. "Das Lohndumping ist beendet." Von der Schifffahrtdirektion in Schönau am Königssee hieß es zu der Vereinbarung lediglich: "Wir geben keinen Kommentar." Erst auf Nachfrage wurde mitgeteilt, man sei über die Einigung froh.

Das Ergebnis der Verhandlungskommission muss jetzt noch von der Verdi-Tarifkommission gebilligt werden. Auch werden die betroffenen Mitglieder befragt. Die Gewerkschaft hat dazu bis zum 21. August Zeit. Geht die Vereinbarung durch, womit zu rechnen ist, steht einer Dampferfahrt also auch in der zweiten Ferienhälfte nichts im Weg.

© SZ vom 06.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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