Nach Streit um Gewerbegebiete:Masterplan für Bayern

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Eine Initiative will das Landesentwicklungsprogramm reformieren - mit mehr Landschaft und weniger Wirtschaft

Von Christian Sebald, München

Der Begriff ist so sperrig, dass er nur Bürokraten flüssig über die Lippen geht. Dennoch ist das Landesentwicklungsprogramm (LEP) das wohl wichtigste politische Instrument, wenn es um die gute Entwicklung Bayerns geht. In letzter Zeit freilich wird die Kritik am LEP immer schärfer. Der wüste Streit im vergangenen Jahr um die Lockerung der Vorgaben für neue Gewerbegebiete ist ein Beispiel dafür. Jetzt fordert die Initiative "Das bessere LEP für Bayern" ein komplett neues LEP. Ihr gehören vor allem Raumplaner, Architekten und Ingenieure an. "Egal ob es um bezahlbare Wohnungen geht, den Flächenfraß oder aussterbende Ortszentren, das aktuelle LEP hat keine Antworten auf viele Herausforderungen", sagt Sprecherin Andrea Gebhard von der Deutschen Akademie für Städtebau und Landesplanung. "Ein neues Raumkonzept ist überfällig."

Die Staatsregierung ist mächtig stolz auf das LEP. Schließlich zählte Bayern zu den ersten Bundesländern, die einen solchen Masterplan für ihren Weg in die Zukunft entwickelt haben. Das war 1976. Oberstes Ziel des LEP ist es, überall in Bayern gleichwertige Lebensbedingungen herzustellen. Zugleich soll das LEP einen Ausgleich zwischen den Interessen der Wirtschaft, den Belangen der Kommunen und dem Schutz der Natur und der Landschaften ermöglichen. Lange Jahre war das Umweltministerium für das LEP zuständig, später wechselte die Verantwortung ins Innenministerium, dann ins Wirtschaftsministerium. Derzeit ist sie im Finanz- und Heimatministerium angesiedelt. Kritiker spotten, die Verschiebungen zeigten, wie sehr im Lauf der Zeit die Interessen der Wirtschaft und der Kommunen die Oberhand im LEP gewonnen hätten. Von ihrer ursprünglichen Orientierung am Gemeinwohl sei praktisch nichts mehr zu spüren.

So sieht das auch die neue Initiative. Ihr gehören lauter renommierte Institutionen an, die sich für gewöhnlich nicht ins politische Alltagsgeschäft einmischen. So ist die Akademie Ländlicher Raum dabei, die Akademie für Raumforschung und Landesplanung, der Landesverein für Heimatpflege sowie die Kammern der Ingenieure- und der Architekten. Aber auch der Bund Naturschutz, der seit jeher die aus seiner Sicht völlig verfehlte Landesplanung lautstark geißelt, hat sich dem Bündnis angeschlossen.

Wenn es nach der Initiative geht, soll das neue LEP nicht mehr allein Sache der Staatsregierung und des Landtags sein. Sie fordert eine intensive Beteiligung der Bevölkerung. Auch die Fachwelt soll sehr viel stärker einbezogen werden als bisher. Und zwar von Anbeginn. Noch bevor sich Behörden, Ministerien und Politiker dem neuen LEP annehmen, sollen Bürgerdialoge und Fachkongresse stattfinden. Außerdem soll das neue LEP "von den Landschaften Bayerns her gedacht werden", wie Sprecherin Gebhard sagt. "Dem aktuellen LEP fehlt ein Konzept zum Schutz, zur Fortentwicklung und Gestaltung unserer Kulturlandschaften." Das neue LEP solle wieder sehr viel mehr gesellschaftliche, kulturelle, naturschützerische und andere wichtige Aspekte umfassen.

Bleibt die Frage nach den Chancen der Initiative. Sie dürften eher schlecht stehen. Auch das zeigt der Streit um die abermaligen Lockerungen für neue Gewerbegebiete im vergangenen Jahr. Schon damals hatten nicht nur Naturschützer, sondern auch Heimatpfleger, Planer und andere Experten die Staatsregierung und die Landtags-CSU eindringlich davor gewarnt, dass ihre Absichten eine weitere Zerstörung von Bayerns Kulturlandschaften bedeuteten. Was tat die CSU? Sie hat - im Verbund mit Wirtschaft und Kommunen - die Lockerungen bis auf ein paar wenige kosmetische Korrekturen durchgezogen.

© SZ vom 08.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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