Nach langer Debatte:Mehr Personal für Frauenhäuser

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Freistaat setzt neue Richtlinie um / Kritik an den Landkreisen

Verprügelt, bedroht, verfolgt: Von Gewalt betroffene Frauen und ihre Kinder sollen im neuen Jahr bessere Betreuung in bayerischen Frauenhäusern bekommen. Bis Ende März müssen neue Personalstandards erfüllt werden, wie das Sozialministerium mitteilte. Für Härtefälle gilt eine Frist bis Ende Juli. Mit dem neuen Personalschlüssel, der sowohl bei den Fachkräften, bei der Kinderbetreuung als auch auf Leitungsebene aufgestockt wird, stehe Bayern im Ländervergleich an der Spitze. Der Freistaat fördert den Angaben nach derzeit 38 Frauenhäuser mit 347 Plätzen für Frauen und mehr als 400 für Kinder. Zusätzlich böten einzelne Kommunen Plätze in weiteren Schutzeinrichtungen.

Sozialministerin Kerstin Schreyer (CSU) sagte: "Es ist mir ein Herzensanliegen, die Situation von gewaltbetroffenen Frauen und ihren Kindern zu verbessern. Deshalb habe ich einen Drei-Stufen-Plan zum Gewaltschutz und zur Gewaltprävention vorgelegt und mich dafür eingesetzt, dass wir im Doppelhaushalt 2019/2020 für diesen Bereich 16 Millionen Euro mehr zur Verfügung haben." Der Freistaat übernimmt einer Sprecherin zufolge nun rund 50 Prozent der Personalausgaben. Die neue Richtlinie war zum 1. September 2019 in Kraft getreten. Zum Beispiel muss es nun für die Beratung und Betreuung der Frauen 1,5 Fachkraftstellen für Häuser mit fünf bis sieben Plätzen für Frauen geben. Vorher waren es 1,25 Fachkraftstellen. Für jeden weiteren Frauenplatz kommen weitere 0,2 Fachkraftstellen hinzu.

Im Vorfeld hatte es lange Diskussionen über die Erweiterung gegeben. Der Landesvorsitzende der Arbeiterwohlfahrt (Awo), Thomas Beyer, sagte, eine Fachkraft schlage mit 50 000 bis 60 000 Euro pro Jahr zu Buche. Er lobte Schreyer, die sich für mehr Personal stark gemacht habe. Das sei aber an den Landkreisen gescheitert, die für die Hilfsangebote für bedrohte Frauen verantwortlich sind. Der Landkreistag weist das zurück: "Die bayerischen Landrätinnen und Landräte erkennen einen Bedarf an qualitativer und quantitativer Weiterentwicklung des Hilfesystems für von häuslicher Gewalt betroffener Frauen und ihrer Kinder sehr wohl an", heißt es in einer Stellungnahme. Angesichts hoher Auslastungsquoten und überlanger durchschnittlicher Verweildauern von Gewaltopfern in in den Frauenhäusern wäre eine Entlastung nötig gewesen, heißt es weiter. Arbeiten an einem Gesamtkonzept seien aber auf unbestimmte Zeit verschoben worden. Ein Thema dabei: fehlender Wohnraum. Awo-Chef Beyer nannte die Aufstockung der Sozialpädagogen zu gering. "Wohl kaum eine Situation braucht so intensive Betreuung", sagte er. So gehe es darum, das Leben der Betroffenen zu organisieren - von Möbeln bis zum Schulbesuch der Kinder. Beyer: "Und es geht um Krisenintervention, um Aufarbeitung. Das ist ganz besonders wichtig."

© SZ vom 27.12.2019 / dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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