Moderne Traditionsküche:Genießer sucht Wirt

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Weißware: Was ist wohl die Spezialität des Landgasthof Kessler im unterfränkischen Frammersbach? (Foto: Volk Verlag)

Landwirtschaftsminister Brunner stellt das Buch "100 ausgezeichnete Gasthäuser" vor

Von Franz Kotteder, München

Was dem Guide Michelin die Sterne sind, das sind für Michael Volk seine Rauten. Der Münchner Verleger hat nämlich jetzt zusammen mit dem Hotel- und Gaststättenverband und dem bayerischen Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten einen Genussreiseführer herausgebracht. "100 ausgezeichnete Gasthäuser in Bayern" (Volk Verlag, 232 Seiten, 19,90 Euro) heißt er lapidar, und das fasst den Inhalt ganz gut zusammen. Denn er enthält in Wort und Bild Porträts von genau 100 Wirtshäusern aus allen sieben Regierungsbezirken, die bei der amtlichen Klassifizierung "Ausgezeichnete bayerische Küche" mit einer bis drei Rauten ausgezeichnet wurden.

Landwirtschaftsminister Helmut Brunner (CSU) sagte bei der Buchvorstellung im Münchner Weissen Bräuhaus, das ebenfalls zu den klassifizierten Gasthäusern zählt: "Wir wollen die bayerische Wirtshauskultur stärken mit diesem Reiseführer für Genießer." Während sein Ministerium mit der Internetplattform "Wirt sucht Bauer" Erzeuger und Veredler zusammenbringe "mit jenen, die das Ganze dann kredenzen", arbeite das Buch nach dem Motto "Genießer sucht Wirt". Die Gäste seien bereit, für hochwertige Qualität auch einen fairen und höheren Preis zu zahlen, und an diese Gäste wendeten sich sowohl die Klassifizierung als auch das Buch.

Im Sommer 2013 wurde der frühere Wettbewerb "Ausgezeichnete bayerische Küche" umgewandelt in eine Klassifizierung, die dann drei Jahre lang gültig bleibt. Seither bewertet eine Prüfungskommission aus unabhängigen Testern und Ernährungswissenschaftlern sowie Fachleuten aus dem Ministerium und vom Hotel- und Gaststättenverband Gasthäuser, die sich um diese Klassifizierung bewerben, nach einem ausgeklügelten Punktekatalog. In dem werden - in absteigender Wertigkeit - die Qualität der Produkte, des Services, die Gestaltung und Sauberkeit der Gasträume sowie das Gaststättenmanagement beurteilt. "Auch nur eine Raute zu bekommen", so Ulrich Brandl, Präsident des bayerischen Hotel- und Gaststättenverbands, "ist eine ziemliche Leistung. Das hier sind Leuchttürme bayerischer Gastlichkeit." Und weil Brandl kein Mann der leisen Töne ist, war er auch voll des Lobes über die Zusammenarbeit mit dem Ministerium: "Das hier ist ein Musterbeispiel partnerschaftlicher Zusammenarbeit zwischen Staat und privaten Leistungsträgern." Da strahlte der Minister.

Das Buch selbst stellt nun die ersten 100 Wirtshäuser vor, die mit Rauten klassifiziert wurden, insgesamt rund 300 haben sich bislang beworben. Die Texte, deren Autoren das Impressum leider verschweigt, sind recht kundig und arbeiten die Besonderheiten der einzelnen Häuser gut heraus. Die üblichen Floskeln der Gastronomieschreibe von "lecker" bis "urig" werden weitgehend vermieden, auch wenn der Untertitel "regional. saisonal. original" lautet. Aber das ist ja auch der offizielle Werbespruch von "Ausgezeichnete bayerische Küche". Vom Landgasthof Winbeck im niederbayerischen Bayerbach über das Restaurant Hagleite im fränkischen Kulmbach bis hin zur Seeklause in Ramsau am äußersten Zipfel von Oberbayern reicht die Auswahl. Kritisch anzumerken wäre vielleicht, dass 39 von 100 ausgezeichneten Gasthäusern in Oberbayern stehen, während es in ganz Oberfranken nur acht rautenfähige Lokale gibt. Das mag man kaum glauben. Aber es liegt wohl daran, dass sich offenbar viele Oberfranken die Bewerbungsgebühr von exakt 556,92 Euro sparen. Sie sollten sich ein Beispiel an den als sparsam verschrienen Schwaben nehmen, die bringen es auf 16 Rautenträger.

Typische Regionalküche bieten aber alle der aufgeführten Häuser. Besonders freut es Landwirtschaftsminister Brunner auch, dass alle Gasthäuser eng mit den Landwirten ihrer Umgebung zusammenarbeiten. Dies nütze allen, denn auch die Gäste wollten wissen, wo die Lebensmittel herkommen. Umwelt- und Tierschutz spielten beim Essen eine wachsende Rolle: "Die Verbraucher sind kritischer und nachdenklicher geworden."

© SZ vom 14.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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