Mitten in Nürnberg:Feiern, wie die Jubiläen fallen

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Auf eine lange Stadtgeschichte blickt Nürnberg auf jeden Fall zuück - aber wie lange genau? Helfen könnten Ton, Steine, Scherben

Von Olaf Przybilla

In Nürnberg ist gerade viel vom Stadtjubiläum die Rede, im Jahr 2000 wurde es gefeiert. Nürnberg will 2025 zur Europäische Kulturhauptstadt erkoren werden und das ist der Grund, warum momentan so viele zurückblicken. Wie die Stadt damals, als sie Geburtstag feierte, aufblühte. Wie man sich nicht neu erfand, aber doch ein anderes Gefühl entwickelte für die Historie des Ortes. Wie man gemeinsam ein schlankes 1250-Seiten-Stadtlexikon stemmte und die Stadtkultur erblühte. So, genau so, soll es auch 2025 sein: ein Aufbruch.

In der Tat böte der Fall Nürnberg Anlass für eine grundsätzliche Betrachtung über Stadtjubiläen. Allein das Wort versetzt Leute, die dabei waren, in Verzückung. Schon weil bleibende Werte geschaffen wurden damals. Besagtes Lexikon dürfte tatsächlich für alle Zeiten das maßgebliche Nürnberg-Buch bleiben, ein Riesenwerk. Entstanden, weil man gemeinsam 950 Jahre Nürnberg feierte.

950 Jahre? Hm. Nürnbergs Industrie- und Handelskammer hat dieser Tage der reichhaltigen Geschichte Nürnbergs ein rekordverdächtiges Datum hinzugefügt, nicht ganz freiwillig. Die örtliche IHK, sie gilt als die traditionsreichste im Land, leistet sich eine neue Zentrale. Und kaum sind an der Baustelle gegenüber vom Rathaus zwei Jahre ins Land gezogen, da konnte bereits, Trommelwirbel, ein Grundstein gelegt werden.

Das klingt jetzt erst mal nicht nach einem Werk von, nun ja, High Performern. In Wahrheit aber sind es Ton, Steine und Scherben gewesen, die den Bau zu einem fränkischen Entschleunigungsprojekt haben werden lassen. Gefunden hat man sie gleich zu Beginn des großen Baggerns. Und ja: Die Freude beim Nürnberger Wirtschaftsvolk muss riesig gewesen sein. Juhuuu, endlich sind wir archäologischer Forschungsgegenstand.

Völlig zu Recht übrigens. Aufgrund der gefundenen Scherben ist inzwischen klar, dass die ersten Spuren Nürnbergs mindestens aufs Jahr 850 zurückgehen. Und es also im Jubiläumsjahr 2000 womöglich wirklich etwas zu feiern gegeben hätte. Aber eher 1150 Jahre Nürnberg, und nicht - was eine Urkunde nahelegt - 950 Jahre. Was nur zeigt, wie angenehm willkürlich die meisten Stadtjubiläen sind. Und dass es dabei vor allem um eines geht: ums Feiern. Gut so.

© SZ vom 12.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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