Mitten in Nürnberg:Erfrischend einfach

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An heißen Tagen wird Nürnberg mit seinem mittelalterlichen Stadtkern zur Sauna. Da sehnen sich die Bewohner nach Abkühlung. Doch für den Wöhrder See hatte die Stadt nie Geld. Nun erntet ein anderer den Beifall der Bürger

Von Olaf Przybilla

In dieser Woche soll das Wetter schön werden in Bayern, wolkenlos, und in Nürnberg gibt es dann immer einige, die auf solche Prognosen mit einem tief gefühlten "Oh Gott" reagieren. Nicht weil sie so unsinnlich wären in Franken, so lebensunlustig, so grundsätzlich hadernd mit sich, der Welt, dem Wetter. Sondern weil diese Stadt einen mittelalterlichen Kern hat, enge Gassen, eine Mauer, die sie vor Wind schützt und vor allem: kaum Bäume. Im Hochsommer glüht Nürnberg. Aber nicht vor Lust.

Natürlich gibt's immer wieder Scherzkekse und Eiferer, die mehr Grün fordern, am liebsten gleich mitten auf dem Hauptmarkt. Nur sollte man das tatsächlich unterlassen, wenn man weiter als Stadt mit mittelalterlichem Gepräge gelten will. Im Mittelalter pflanzte man keinen Baum auf den Marktplatz und stellte eine hübsche Bank darunter. In ihrer Not fahndet die Stadt inzwischen nach Anwohnern, die ihr Hausdach begrünen. Und setzt, wenn's in der Sauna gar nicht mehr auszuhalten ist, auf "mobile Bäume" in Kübeln. Dafür muss man wenigstens den Asphalt nicht aufreißen.

Wer sehen will, wie groß die Sehnsucht der Nürnberger ist nach Luft und Grün, der muss dieser Tage dem innerstädtischen Wöhrder See einen Besuch abstatten. Nein, schön ist es dort noch lange nicht, es sei denn, man mag Bagger, Zäune, wüstes Geröll. Aber abzusehen ist bereits, dass auf der Südseite des Sees eine Bucht entsteht mit klarem Wasser, mit grünen Wiesen statt Brennnessel-Niemandsland und einem Steg quer übers Gewässer, auf dem der Wind weht.

Man sieht an dieser Bucht gerade sehr viele, sehr glückliche Gesichter. Und könnte darüber sehr ärgerlich werden. Denn die Eingriffe sind simpel, aber enorm wirkungsvoll. Die Stadt hätte das alles seit Jahrzehnten selbst in die Hand nehmen können. Ließ ihren zentralen See aber erbärmlich vergammeln. Mit immer demselben, in dem Fall besonders einfallslosen Argument: kein Geld. So musste erst der ehemalige Umwelt- und jetzige Finanzminister einschreiten und an einer Stelle investieren, an der man trefflich streiten könnte, ob das eine Sache des Landes ist. Den Nürnbergern ist's egal, sie feiern ihren Söder-See. Man kann es der Stadt nicht ersparen: Das ist ein Armutszeugnis.

© SZ vom 24.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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