Ermittlung:Ingolstadts Alt-OB heuert als Headhunter an - und empfiehlt sich selbst

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  • Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Alfred Lehmann (CSU) wegen möglicher Verquickung von Amt und Geschäft.
  • Er hatte nach seiner Amtszeit einen Beraterjob bei einer Headhunter-Agentur angefangen und als Aufsichtsrat dem Klinikum empfohlen, seine Agentur zu beauftragen.
  • Nun hat er sein Stadtratsmandat niedergelegt.

Von Andreas Glas

Wenn ein Headhunter loszieht, dann geht es in der Regel nicht um den Kopf des Headhunters, sondern darum, irgendeinen schlauen Kopf für irgendeinen wichtigen Job zu finden. Im Ingolstädter Stadtrat wird wohl bald der Kopf eines Headhunters rollen, und das ist deshalb eine Nachricht, weil es sich bei dem Headhunter um den früheren Ingolstädter Oberbürgermeister Alfred Lehmann (CSU) handelt.

Nach dem Ende seiner Amtszeit als OB im Jahr 2014 hatte Lehmann sein Stadtratsmandat behalten und, jetzt kommt's: Er legte sich einen Beraterjob bei einer Headhunter-Agentur zu. Kein Problem, wäre Lehmann nicht auch noch Aufsichtsrat des Ingolstädter Klinikums und hätte er dem Klinikum nicht empfohlen, genau jene Headhunter-Agentur zu beauftragen, auf dessen Gehaltsliste er steht. Wegen möglicher Verquickung von Amt und Geschäft prüft jetzt die Staatsanwaltschaft, ob sich der Alt-OB strafbar gemacht hat.

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Er soll im vergangenen Jahr 160 000 Euro aus der Immobilienbranche für seinen SPD-Ortsverein erhalten haben. Zugleich kam es in seiner Amtszeit zu einem umstrittenen Grundstücksgeschäft.

Von Andreas Glas und Kilian Neuwert

Bereits Anfang der Woche hatte Lehmann angekündigt, sein Stadtratsmandat niederzulegen. Weil er keine Lust mehr hat, sich in Schmähbriefen wegen dieser Headhunter-Sache beschimpfen zu lassen. So jedenfalls klang die offizielle Erklärung für seinen politischen Rückzug. Dass er etwas Unrechtes getan hat, davon will Lehmann nichts wissen.

Außerdem habe die Headhunter-Agentur einen Top-Mann für den Posten des Ärztlichen Klinikdirektors gefunden, weshalb seine Doppelrolle bei dieser Personalie "zu einem allseits attestierten sehr guten" Ergebnis geführt habe, wie Lehmann mitteilte. Weil er auch nach dem Ende seiner OB-Amtszeit als Strippenzieher in der Ingolstädter CSU galt und als Berater des jetzigen OB Christian Lösel (CSU), sprechen manche nun davon, dass der Stadtrat in Alfred Lehmann seinen wichtigsten Kopf verliert.

Das Ingolstädter Klinikum übrigens sorgt gerade doppelt für Schlagzeilen. Die Justiz ermittelt gegen den inzwischen zurückgetretenen Klinikchef, weil dieser bei Auftragsvergaben bewusst zum Nachteil der Klinik gewirtschaftet haben könnte. Doch immerhin eine gute Nachricht gibt es: Das Klinikum hat mittlerweile einen Interimschef gefunden. Ob bei der Nachfolgersuche ein Headhunter im Spiel war, ist nicht bekannt.

© SZ vom 11.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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