Mitten in Bayern:Zwei Kreuze für Sibler

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Der Kultusminister übertrumpft seinen Chef mit einer eigenen PR-Aktion

Kolumne von Lisa Schnell

Kultusminister Bernd Sibler ist ein religiöser Mensch, er war früher Ministrant, und zum Gebet erhebt er sich als einer der Ersten. Man kann also davon ausgehen, dass die Äußerungen der Kirche von ihm mit Interesse verfolgt werden. Auch die zum Kreuz-Erlass der bayerischen Staatsregierung dürften ihm nicht entgangen sein.

Dabei störten sich viele nicht an dem Kreuz an sich, sondern an der Art und Weise, wie Ministerpräsident Markus Söder sich damit inszenierte. Er hielt das Kreuz in die Kameras wie ein Missionar, der gleich aufbrechen wird, um das Abendland zu retten. Mit Demut - eine Charaktereigenschaft, die Söder gerade gerne an sich selbst entdeckt - hatte das in den Augen vieler Kirchenvertreter eher wenig zu tun, mit Wahlkampf umso mehr. Um die Wogen zu glätten, kündigte Söder flugs einen runden Tisch mit den Kirchen an, und in der CSU reifte bei einigen die Erkenntnis, dass es so ein großes Tamtam mit Blitzlichtgewitter vielleicht nicht gebraucht hätte.

Ob Bernd Sibler das auch so sieht, ist nicht bekannt, wahrscheinlich aber hat er hierzu eine andere Meinung. Gerade hatte sich der Ärger ein wenig gelegt, da trudelt aus seinem Haus eine Pressemitteilung ein: Man sei herzlich eingeladen. Zu sehen gibt es einen CSU-Mann, der Kreuze in die Kameras hält, und den Hinweis: "Über Ihre Berichterstattung freuen wir uns!" Dabei übertrumpft Sibler den Ministerpräsidenten noch. Er präsentiert der Presse nicht nur ein Kreuz, das er in seinem Ministerium aufhängen wird, sondern gleich zwei. Gefertigt wurden sie von Berufsschülern. Das sei eine gute Idee, dachte sich Sibler wohl, denn er ist ja Kultusminister.

Vielleicht ist es aber auch eine nicht ganz so gute Idee, denn er ist ja Kultusminister - und damit derjenige, der Schulen dazu mahnt, sich in Wahlkampfzeiten möglichst neutral zu verhalten. Zumindest steht das so in einem Schreiben seines Ministeriums. Und jetzt stehen da also zwei Schüler zusammen mit Sibler vor der Kamera, mit denen er feierlich die Umsetzung des Kreuz-Erlasses begeht. Wahlkampf aber ist das freilich nicht, die Erklärung ist vielleicht viel einfacher: Sibler wollte wohl auch mal ein schönes Foto von sich mit einem Kreuz in der Zeitung. Hat ja bei Söder so gut funktioniert.

© SZ vom 08.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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