Mitten in Bayern:Strafe für Scheinheiligkeit

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Dem Landkreis Miesbach fehlt es an nichts was Premiumbayern auszeichnet. Ein nennenswertes Schutzgebiet gibt es allerdings nicht, das haben sie dort bislang auch nicht brauchen können. Das ist aber auch nicht mehr wie es mal war

Kolumne von Matthias Köpf

Im Landkreis Miesbach fehlt es praktisch an nichts, was Premiumbayern angeblich ausmacht. Es gibt dort, jedenfalls unter anderem, Berge, Seen, Wiesen und Wälder, also jede Menge Natur. Was es nicht gibt, ist ein nennenswertes Naturschutzgebiet, denn so was konnten die Bauern schon in den Fünfzigerjahren nicht brauchen, wenn sie mal was bauen wollten oder ein bisschen spritzen. Dafür haben die Miesbacher damals ihren halben Landkreis mit Landschaftsschutzgebieten überzogen, denn die hatten den großen Vorteil, dass sie von jedem kommunalen Bebauungsplan locker ausgehebelt werden konnten. Das hat sich aber schon vor längerer Zeit geändert, weshalb sie sich in Miesbach zur Strafe für ihre einstige Scheinheiligkeit jetzt dauernd mit Ausnahmen und Änderungen bei den Schutzgebieten herumschlagen. Neue Gebiete wollte da kaum jemand, doch an diesem Mittwoch soll es wieder so weit sein.

Die Sache eilt sogar so sehr, dass eine Stunde vor dem Kreistag schnell noch dessen Umweltausschuss zusammentritt, weil der ja vorberaten muss, damit es gilt. Dabei hat die Gemeinde Otterfing schon vor vier Jahren verlangt, ihren Teil des von der A 8 zerschnittenen Hofoldinger Forstes unter Schutz zu stellen. Damit war sie allerdings viel später dran als Sauerlach, Aying und Brunnthal im Landkreis München. Alle vier Gemeinden hatten sich wiederum einige Zeit davor ein einst gemeindefreies Stück des Hofoldinger Forstes aufgeteilt und einverleibt. Die anderen hatten es gleich unter Landschaftsschutz stellen lassen - mit dem Effekt, dass sich die Autobahndirektion Südbayern jetzt schwertut, ihren kleinen Autobahnparkplatz Otterfing zu einer Anlage für mehr als 100 Lastwagen auszubauen. Denn dieser Parkplatz Otterfing liegt gar nicht auf Otterfinger Gebiet, sondern auf Sauerlacher Flur - also längst im Landschaftsschutzgebiet. Da wäre es schon leichter, die Anlage wirklich in Otterfing zu bauen, so lange dort nicht auch ein Landschaftsschutzgebiet ausgewiesen ist. So ein Schutzgebiet ist den Otterfingern aber immer noch lieber als ein Parkplatz, von dem sie nichts haben. Vielleicht sollten sie nicht nur gleichziehen, sondern eins draufsetzen. Denn wäre der Wirtschaftswald an der A 8 nicht auch ein gutes Naturschutzgebiet? Sogar das allererste im ganzen Landkreis Miesbach.

© SZ vom 15.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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