Mitten in Bayern:Spielverderber

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In Garmisch gibt es ein traditionsreiches Spielzeuggeschäft. Jetzt will die Gemeinde den Pachtvertrag im gemeindeeigenen Haus nicht mehr verlängern. Nicht, weil keiner mehr Spielzeug bräuchte. Schuld ist der Tourismus-Konkurrenzkampf mit den Österreichern

Von Matthias Köpf

Von der Zugspitze oder von der Alpspitze aus und auch noch vom Kramer und vom Wank wirkt der Ort im Tal ein bisschen wie die eher kleinteilige Bahnhofsgegend einer Modelleisenbahn der Spurweite H0 (ja, liebe Kinder, eine Modelleisenbahn, das ist ... - aber fragt da doch besser einfach den Opa oder den Onkel Seehofer). Im Spielzeugland dort unten tobt jedenfalls ein Streit, bei dem gerade manchem der Maßstab abhanden kommt. Andererseits wäre H0, respektive 1:87, vielleicht gar nicht so verkehrt: Der eine wäre dann der Inhaber des "Spielzeuglands", eines Ladens am Richard-Strauss-Platz. Und die anderen 87 säßen im Rathaus von Garmisch-Partenkirchen und wollten ihm partout den Pachtvertrag nicht verlängern.

Denn wer 1:1 vor dem "Spielzeugland" steht, kann von Vorwürfen an die Bürgermeisterin, die Verwaltung und die Gemeinderäte erfahren, und im Garmischer Tagblatt hat sich der Ladeninhaber sogar eine halbseitige Anzeige geleistet und sie mit "Die alternativen Fakten des Rathauses" betitelt. Dort im Rathaus müssen die meisten zwar über die Vertragsangelegenheiten schweigen, doch die Fakten sehen sie eher auf der eigenen Seite und die Alternativen dazu bei ihrem Pächter. Dabei geht es auch darum, wer wann wem welche Alternative angeboten hat oder eben nicht. Als bisher alternativloses Faktum kann aber gelten, dass die Gemeinde den Pachtvertrag für das prominent gelegene Geschäft schon mehrmals verlängert hat, zuletzt aber immer nur auf kürzere Frist und beim letzten Mal mit dem klaren Ziel, dass das nun eben das letzte Mal war. Denn das nahe Kongresshaus solle saniert werden, und die Tourist-Info im selben Haus brauche im Konkurrenzkampf mit den Österreichern dringend sehr viel mehr Platz. Also Eigenbedarf.

Doch so ein Spielzeuggeschäft hat viele Freunde, denn ein Kind mit großen Augen und Wünschen war jeder mal, sogar wer noch weiß, was eine Modelleisenbahn ist. Ein bisschen sentimental könnten sie da schon werden und vielleicht ein vom Pächter angekündigtes und im Rathaus schon jetzt als ungültig angesehenes Bürgerbegehren unterschreiben. Der große Bär an der Fassade bläst derweil Seifenblasen in den Ort. Die platzen aber noch weit unter dem Wank.

© SZ vom 12.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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