Mitten in Bayern:Sei nett zum Automaten

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Das Verhältnis von Mensch und Maschine ist seit jeher nicht ganz einfach. Waren die Ureinwohner Brasiliens noch um ihre Seelen besorgt, fürchten die Menschen heute eher, ihre Nerven zu verlieren. So häufen sich die Fälle brachialer Gewalt gegen Maschinen, wie letztens in Hof

Von Lisa Schnell

Das Verhältnis von Mensch und Maschine war schon immer nicht ganz einfach. Man denke nur an die Ureinwohner der Xingu-Region in Brasilien. Mit großem Misstrauen traten sie vor den Apparat, der auf gespenstische Art und Weise Abbilder ihrer Selbst ausspuckte. Sie fürchteten, mit jedem Bild würde die Maschine ihnen ein Stück ihrer Seele rauben. Wenige wie die Schauspielerin Keira Knightly teilen diese Angst auch heute noch. Bei der Anzahl von Kameras, die täglich auf sie gerichtet sind, muss die Arme keinen angstfreien Tag haben. Die meisten aber fürchten heute im Umgang mit Maschinen nicht ihre Seele zu verlieren, sondern ihre Nerven.

So häufen sich die Fälle, in denen der Mensch sich unverstanden fühlt, ja in seiner Not sogar zu brachialer Gewalt greift. Aber das ist ja auch verständlich. Ständig piesacken einen die Maschinen mit kleinen Sticheleien. Finden den Drucker nicht, dabei steht der doch direkt neben dem Schreibtisch. Säuseln einem ins Ohr "Bitte wenden", obwohl das gerade nun wirklich nicht geht. Antworten nicht, selbst wenn man sie anschreit und von Entschuldigungen ist auch nichts bekannt. Da ist es nur verständlich, dass einem die Geduld ausgeht.

So ging es auch einem älteren Herrn letztens in Hof. Er wollte doch nur seine Flaschen zurückgeben, doch der störrische Automat weigerte sich. Er bot sie ihm einmal an, zweimal. Keine Reaktion. Angesichts von so viel Ignoranz konnte er nicht an sich halten. Wüste Beleidigungen kamen aus seinem Mund. So derb, dass die Polizei anrücken musste. Oder ein junger Mann in einer Diskothek in Füssen. Gerade spielte er noch nett mit diesem Geldspielautomaten, da verstand der ihn falsch und gab ihm sein Geld nicht zurück. Kurzerhand schlug der Mann der resistenten Maschine die Scheibe ein. Wenn das Blut dann wieder ruhiger durch die Adern fließt und auch wieder zum Gehirn durchdringt, kann man eigentlich doch froh sein, dass Maschinen so eines noch nicht besitzen. Sich nicht entschuldigen, einen nicht verstehen, sondern einfach nur unbeseelte Materie sind. Denn wenn der erste Fahrkartenautomat zu einer gepflegten Konversation fähig ist, dann wäre das nun wirklich beängstigend.

© SZ vom 08.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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