Mitten in Bayern:O mei, Albert Deß

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Der CSU-Politiker redet einfach mal ein bisschen Schmarrn über biologische Landwirtschaft daher

Von Lisa Schnell

Ach, was waren es doch für übersichtliche Zeiten früher in der Politik. Die Grünen saßen mit Strickpulli und Turnschuhen im Parlament, manchmal noch ein Baby auf dem Arm. Die SPD sprach vom Klassenfeind. Auch wenn Helmut Schmidt manche Genossen mit ihren Visionen gerne zum Arzt schicken wollte, so war es damals doch noch einfach, sich abzugrenzen.

Zumindest für den CSUler. Strickpullis hatte er höchstens beim Skiurlaub an. Der Turnschuh war außerhalb des Tennisplatzes höchst suspekt, und Angst verspürten die Schwarzen nur dann, wenn Franz Josef Strauß mal wieder den Flieger selbst landen wollte und die Hälfte des Kabinetts um sein Leben fürchtete. Heute aber ist alles anders. Aus Sicht der CSU wildern andere Parteien in ihrem Gebiet. Die SPD kündigt an, sich jetzt mehr um die von der CSU vergraulten Kirchengänger zu kümmern. Früher war Religion Opium fürs Volk. Jetzt ist sie die letzte Hoffnung, doch noch mal wieder Volkspartei zu werden. Und die Grünen? Mit gestreiftem Hemd und Sakko kommen sie daher. Einen Polizeikongress veranstalten sie, fühlen sich auf einmal zuständig für innere Sicherheit, dem ureigensten Thema der CSU.

Und jetzt tasten sie sich auch noch zum Allerheiligsten vor: zum Bier. Alle Staatsbrauereien sollen nur noch Biobier brauen, lautet ihre Forderung. Sie wollen ihr grünes Etikett auf den Maßkrug kleben. Aber Bier heißt Bayern und Bayern muss CSU heißen. So lautet die weiß-blaue Erfolgsformel von Seehofer & Co. Verständlich, dass CSU-Mann Albert Deß seine Freunde gegen die grünen Eindringlinge verteidigen will. Aber gleich so? "Um 1900 gab es nur Bio. Durchschnittliche Lebenserwartung in Deutschland war 38 Jahre. Die sollen ruhig ihr Biobier trinken."

Aha. Bio ist also ungesund? Was da wohl die bayerischen Biobauern sagen? Und muss man dem politischen Gegner wirklich eine schlechte Gesundheit wünschen? Gerade von Deß könnte man etwas mehr Verständnis erwarten, wenn Parteien für sie ungewohnte Themen besetzen wollen. Der Landwirt aus der Oberpfalz sitzt schon seit 2004 für die CSU im EU-Parlament. Und für ihre Europaliebe war die CSU auch nicht immer bekannt.

© SZ vom 27.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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