Mitten in Bayern:Lieber ein Hotel als ein Depot

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Das Schlosshotel in Linderhof neu zu eröffnen, wäre eine reizvolle Idee. Doch müsste der Freistaat in die Immobilie kräftig investieren

Glosse von Matthias Köpf

Der Name "Schlosshotel" klingt ganz danach, als könne man da wirklich in einem Schloss nächtigen, und das ist in Linderhof natürlich nicht der Fall. Dort im Schloss sind keine Betten buchbar, schon gar nicht das King-Size-Exemplar im Schlafzimmer. Ludwig II. hätte einst ja lieber einen byzantinischen Palast ins Graswangtal gewuchtet. Dass er sich mit einem Schlösschen bescheiden musste, hatte immerhin den Vorteil, dass Linderhof als einziges seiner Bauprojekte zu Lebzeiten fertig wurde. Fast jedenfalls, denn für das Schlafzimmer ließ er das Schloss doch noch mal vergrößern, und noch ehe er sich darin erstmals schlafen legen konnte, fand er seine ewige Unruhe im Starnberger See. Das Übernachten in Linderhof ist aber auch anderen Leuten nicht mehr vergönnt, seit das zugehörige Schlosshotel zu ist. Schloss kommt von schließen, aber die staatliche Schlösserverwaltung überlegt jetzt trotzdem, ob sie das Hotel wieder aufsperren soll, statt im Zuge der Behördenverlagerung ein Depot einzurichten.

Die Idee hinter der Verlagerung ist es ja unter anderem, abgelegene Gebiete wie Nürnberg mit Ministeriumssitzen aufzuwerten. Da hätten die Pläne von 2015 gut gepasst, im denkmalgeschützten Hotel ganz hinten im Graswangtal mit einigem Aufwand ein zentrales Depot der Schlösser- und Seenverwaltung zu schaffen, um dort endlich gleichwertige Lebensverhältnisse wie im inzwischen aufgewerteten Nürnberg herzustellen. Im Ammergebirge verspricht man sich aber nicht viel von einem Lager für Sachen, die etwa in der Würzburger Residenz gerade nicht gebraucht werden. Stattdessen findet unter anderem FW-Fraktionschef Florian Streibl aus Oberammergau, dass ein kleines, feines Hotel viel mehr Potenzial bergen würde als ein schnödes Depot. Nur müsste der Freistaat dann doch mal was in die Immobilie investieren. Das hat er zuletzt viele Jahre lang unterlassen, bis das Schlosshotel vor knapp zwei Jahren ganz dicht gemacht hat. So viel Geld wie damals Ludwig II. müsste der Freistaat ja nicht ausgeben, wo er doch statt der erst kalkulierten 25 Millionen schon mindestens 59 Millionen Euro in die Sanierung der Venusgrotte im Schlosspark stecken muss. Und das ja auch nicht, um dorthinein dann die Teeküche der Staatskanzlei zu verlagern.

© SZ vom 10.09.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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