Mitten in Bayern:Drei Sterne für die Wirtin

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Wenn die Gäste Lokale im Internet bewerten, ist das für die Wirte oftmals ein Graus. Eine Wirtin in Unterfranken êrinnert sich genau an die unverschämte Dame, die hernach online schimpfe. "Die mit dem Pfannkuchen" kommt ihr nicht mehr ins Haus

Kolumne von Johann Osel

Ein Stern, ein mickriger Stern im Online-Bewertungsportal für ihr Lokal - die Wirtin in einem unterfränkischen Kurort beklagt am Stammtisch lautstark, was ihr da unlängst widerfahren ist. Eine ältere Dame, unscheinbar, habe sich zu Tisch gesetzt, gespeist, Extrawünsche wurden erfüllt; später habe sie ihre Eindrücke im Internet referiert. "Geschmacklos" sei die Einrichtung, war da zu lesen. Ob speziell der Porzellangockel, die Cowboy-Figur mit Pistolen oder eins der vielen Glücksferkel im Gastraum gemeint war, blieb unklar. Eine "lahme Ente" sei die Wirtin, hieß es noch - obwohl diese nur gelegentlich ein Schwätzchen halte mit Stammgästen, auf dem Weg zur Küche. Dann sei auch noch der Pfannkuchen als "pampig" bekrittelt worden - obwohl der gar nicht auf der Karte steht (die ist etwas schnitzeldominiert, mehr dazu später) und eigens zubereitet worden sei. Keinen Fuß werde diese Frau mehr ins Lokal setzen, ihr Gesicht sei hier bekannt - "die mit dem Pfannkuchen".

Anonymes Bewerten ist vielen Wirten ein Graus; auch wenn man auf Nachfrage oft erfährt, man freue sich über Kritik, damit könne man sich verbessern. In Wahrheit ist es wohl so: Der Kunde ist König, zuweilen ist er aber doch ein recht bösartiger Monarch. Ein paar Beispiele aus dem Freistaat: Der Kellner wusste nicht, ob der Ketchup für den kleinen Leander glutenfrei ist? Eine Frechheit, ein Stern, auch wenn die Pommes knusprig-fein waren. Das Essen okay, aber Laub im Außenbereich? Unerhört, ein Stern! Ein vergessenes Tiramisu? Apokalypse! Keine Fischgerichte auf der Almhütte? Skandalon!

In Regensburg waren mal einige Wirte in die Offensive gegangen, einer sagte in der Mittelbayerischen Zeitung: "Jeder kann sagen, was er will unabhängig davon, ob es der Wahrheit entspricht." Das "Riesenproblem" sei die Anonymität. Denn nicht jeder hat das Glück, dass ein Pfannkuchen die Übeltäterin verrät wie in der Wirtschaft in Unterfranken. Das Jägerschnitzel dort wird zwar dem Eindruck nach mit Fertigsoße serviert, allerdings mit frischen Champignons; das Fleisch ist butterzart und von stattlicher Größe. Es gibt ein famoses Weißbier aus der Region, was in Weinfranken erstaunt. Drei Sterne, wenn nicht dreieinhalb! Aber man muss sich damit doch nicht gleich in die Öffentlichkeit drängen.

© SZ vom 01.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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