Mitten in Bayern:Die Reue des älteren Autofahrers

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Mit der Frage, ob alle Senioren noch ans Steuer sollen, haben sich schon reichlich Wissenschaftler unbeliebt gemacht. Ein Fall aus Genderkingen zeigt: Manche sind überraschend pfiffig

Kolumne von Johann Osel

Die Kombination der zwei Wörter "Senior" und "Auto" befördert im Zeitungsarchiv unzählige kuriose Vorfälle zutage. Zuweilen krachen Fahrer, die in ihren Achtzigern oder Neunzigern nicht vom Lenkrad lassen wollen, in Schaufenster von Geschäften, landen mit ihrem Wagen in Vorgärten, in Wartehäuschen oder auf einem Fußballplatz. Regelmäßig führt das dann zu Debatten über die allgemeine Fahrtauglichkeit von Senioren, verpflichtende Tests oder sogar vorsorglichen Führerscheinentzug - so abstrus derlei Meldungen nämlich manchmal sind, der Anlass ist ernst, zumal bei Verletzten oder Toten. Es gibt ein umfassendes Für und Wider in der Frage. Gerade bei kleinen, eher harmlosen Meldungen in dem Kontext lässt sich aber durchaus schmunzeln. In Wunsiedel fuhr mal ein 87-Jähriger nach einem Unfall mit seinem demolierten Wagen weiter, hinterließ Kratzspuren auf Straßen und Wegen und verlor dabei so viele Teile der Karosserie, dass die Polizei auf ihn aufmerksam wurde. Ein 84-Jähriger wurde in Donauwörth 2018 nach Fahrerflucht beim Ausparken - Schaden 800 Euro - von der Polizei gestellt. Und sagte: Er habe die Kollision schon bemerkt, aber wegen solcher Bagatellen halte er nie an. Es war, wie sich zeigte, seine vierte Fahrerflucht binnen kurzer Zeit. Dunkelziffer unbekannt.

Eine Bagatelle - allerdings mit ungewöhnlichem Fortgang - trug sich jetzt in Genderkingen zu, im schwäbischen Landkreis Donau-Ries. Ein Unbekannter fuhr beim Rathaus einen Betonpoller um und kümmerte sich nicht weiter um den Schaden von etwa 250 Euro, wie die Donauwörther Zeitung berichtete. Nach der Zeitungsnotiz bekam Bürgermeister Roland Dietz Post: einen anonymen, maschinengeschriebenen Brief und 250 Euro als Beigabe im Kuvert. Der Absender, der sich "älterer Autofahrer" nannte, gab das Touchieren des Pollers zu. Er habe "noch nie mit der Polizei zu tun" gehabt und sei daher "berührt" von der ganzen Causa.

Der Bürgermeister, selbst ein Polizist, freut sich über das Schreiben, diese Art der Entschuldigung habe er noch nie erlebt. Den Brief müsse er dennoch der Polizei übergeben, das Verfahren laufe ja weiter. Der Standort des Pollers sei aber für Autofahrer "mitunter tückisch", und die Reue des Fahrers sei glaubhaft. Doch gibt es vielleicht auch hier eine Dunkelziffer?

© SZ vom 04.06.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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