Mitten in Bayern:Der ewige Edmund

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Die Unstimmigkeiten in der Union scheinen mit dem jüngsten Krisengespräch ausgeräumt zu sein - vorläufig zumindest. Und mit von der Partie war der hoch aktive Politikrentner Stoiber. Seine Rolle dabei? Möglicherweise eine entscheidende

Kolumne von Johann Osel

Es ist nichts darüber bekannt, ob am Abend im Koalitionsausschuss Gerhard Schröder einschritt, um die roten Linien seiner SPD im Asylstreit aufzuzeigen. Auch Kurt Beck und Franz Müntefering gaben nicht den Takt vor, Sigmar Gabriel und Martin Schulz täten das wohl gern, werden aber eh nicht erhört; Hans-Jochen Vogel ist nicht aus dem Münchner Seniorenheim nach Berlin geeilt, Rudolf Scharping hat sich nicht aufs Fahrrad geschwungen, um dem Geschehen beizuwohnen. Bei der CSU aber gelten auch in dieser Frage andere Maßstäbe. Ex-Parteichef Edmund Stoiber ist wieder da. Beim finalen Krisengespräch der Union im Adenauer-Haus verstärkte er die Abordnung der CSU. Mancher, der das bayerische Defilee bestaunte, hatte glatt den Eindruck, der 76-Jährige führe den Trupp an. Ob Angela Merkel vorher wusste, dass Stoiber mitkommt? Vielleicht hat sie ja bei der Ankunft heimlich durch die Vorhänge gespechtet und gestöhnt: "Herrje, der ewige Edmund! Menno!" Man weiß es nicht.

Nach allem, was man weiß, war der schlachterprobte CSU-Veteran nicht nur als Maskottchen dabei. War am Ende er es, der den Durchbruch brachte? Anhaltspunkte gibt die Szene nach der Sitzung. Seehofer referiert, Stoiber wacht daneben, Kinn halbhoch, ein gelegentliches Nicken. Wie Seehofer ohne Krawatte, Verhandler-Look. Und ohne Brille, er ließ sich die Augen lasern. Um so schärfer der strenge Seitenblick, ob er ja alles richtig sagt, der Horst. Stoibers Comeback hat sich seit 2015 abgezeichnet, er kam quasi mit den Flüchtlingen; und sitzt fleißig in Talkshows, gestikuliert und spricht dort mit einer Leidenschaft, wie sie die restliche Runde gemeinsam nicht aufbietet. Er lässt auch in der Partei kaum etwas aus, hört man, kaum ein Gremium tagt stoiberlos. Dass sein Einfluss nicht abreißt, liegt wohl daran, dass er mit Markus Söder wie Horst Seehofer gute Beziehungen pflegt - in der CSU keine Alltäglichkeit.

Stoiber ist der aktivste Politikrentner im Land. So bezeichnet wurde er jüngst bei einem Interview im Sender Phönix und hat diese These fast trotzig verneint. Er sei auch Anwalt, habe stets viel zu tun. Im Grunde sei seine Einmischung nicht nötig. Seehofer frage beiläufig mal, wie er manches sehe. Und auch Söder "braucht jetzt nicht eine begleitende Hand der Altvorderen - um Gottes willen". Na dann!

© SZ vom 04.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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