Mitten in Bayern:Ausgeburt der Hölle

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Ein neues Übel ist über die Welt gekommen. Ein ehrwürdiger Mann der Kirche aus dem Epizentrum der päpstlichen Weisheit, Italien, schlägt Alarm: Er sichtete schon "wandelnde Tote"

Von Lisa Schnell

Ein neues Übel ist über die Welt gekommen. Auch in Bayern hat sich die "Ausgeburt der Hölle" eingenistet. Ein ehrwürdiger Mann der Kirche aus dem Epizentrum der päpstlichen Weisheit, Italien, hat sie entdeckt. Antonio Stagliano, sizilianischer Bischof, sieht das Ende aller Tage kommen, zumindest sichtet er "wandelnde Tote". Jetzt haben sie sogar die Grenzen Bayerns überschritten. Ihr Blick ist gesenkt, klebt fest am Display des Handys, das ihre Schritte wie von Geisterhand zu leiten scheint. Sie sind Jünger eines neuen Kults, "Pokemon Go" genannt. Es wird verniedlichend ein Spiel geheißen, ist mit den Worten des sizilianischen Bischofs gesprochen aber "teuflisch". Der Kirchenmann will die neue Religion stoppen, die aber nicht mehr zu stoppen ist. Tausende Jünger hat sie alleine in Bayern. Sie verehren japanische Comicfiguren, Heilige namens Taubsi und Rattfatz. Um zu ihnen zu pilgern, lässt der eigentlich vernunftbegabte Homo Sapiens alles stehen und liegen.

Die Polizei ist rund um die Uhr mit Pokemon-Verehrern beschäftigt wie etwa dem aus Ansbach. Der Kopf steckte im Handy, der Mann saß aber auf einem Fahrrad. Erst als sein Schienbein an einem Gartenzaun entlangschrammte, wurde er schmerzhaft daran erinnert. Die gerechte Strafe Gottes, raunt es aus Sizilien. Doch auch Männer der Wissenschaft sorgen sich um das menschliche Seelenheil. Die krummen Hälse, die gebeugten Rücken, der gesenkte Kopf, sie drücken auf die Psyche. Schuld und Trauer würde diese Haltung beim Menschen auslösen, sagen Ärzte. Grausam straft Gott die Abtrünnigen, sagt der Bischof.

Die Pokemon-Verliebten scheinen es nicht zu spüren. Sie bemerken sowieso recht wenig. In Niedersachsen tapsten sie in eine Schießübung der Bundeswehr, in den USA fiel zweien nicht auf, dass der Boden unter ihnen endete. Der klassische Sündenfall. Noch kam in Bayern nur ein Auto zu Schaden. Ein Anwohner malträtierte es mit einem Stock, weil es zuvor von Pokemon-Jüngern genutzt wurde, die seiner Meinung nach zu oft vor seinem Haus ihren Kult ausübten. Eine direkte Verbindung zu einem Bischof aus Sizilien wurde bei dem Mann aber nicht festgestellt.

© SZ vom 23.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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