Mitspracherecht:Landtag will mehr direkte Demokratie

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Michael Piazolo von den Freien Wählern will den Menschen noch mehr politische Verantwortung übertragen. Als Beispiel dafür nannte er das umstrittene Freihandelsabkommen Ceta. (Foto: Robert Haas)

Bayerns Bürger sollen noch öfter mitreden, die Fraktionen streiten nur über die Details

Von Wolfgang Wittl, München

Mehr direkte Demokratie für die Menschen, das klingt doch gut. Und zwar so gut, dass die Parteien sich am Donnerstag im Landtag förmlich darin überbieten, wer sich am meisten für die Bürgerbeteiligung einsetzt. Die Freien Wähler fordern, die Bevölkerung noch mehr entscheiden zu lassen. Sie sollte den Bundespräsidenten direkt wählen dürfen, sollte zum Freihandelsabkommen Ceta befragt werden, ehe die bayerische Staatsregierung im Bundesrat zustimmt, überhaupt sollte sie mehr Mitspracherechte bekommen. "Wir trauen den Menschen in Bayern mehr politische Verantwortung zu", sagte Michael Piazolo (FW) in Richtung Regierungsbank: "Tun Sie das auch."

Auch die Redner von CSU, SPD und Grünen nahmen für sich in Anspruch, die Menschen mehr als die politische Konkurrenz an der Demokratie zu beteiligen. Unterschiede gibt es nur, wie das geschehen soll. "Wir haben doch nichts gegen Volksbefragung. Sondern gegen die Art und Weise, wie Sie es initiieren wollen", sagte Franz Schindler (SPD) an die Adresse der CSU. Er warf der Regierungspartei "Chuzpe" vor. Denn es sei gewiss nicht das Verdienst der Christsozialen, dass es in Bayern direkte Demokratie gebe. Nicht die CSU, nicht die Grünen und nicht die Freien Wähler hätten entsprechende Passagen in der Verfassung verankert, sondern die SPD. Nun zeigte sich Schindler aber "beunruhigt, dass die Volksbeteiligung zum Kern rechtspopulistischer Politik wird". An der SPD werde mehr direkte Demokratie nicht scheitern.

Die Grünen stünden bereits seit ihrer Gründung für direkte Demokratie, sagte Katharina Schulze - in den Parteistrukturen wie auch in den Werten. Es brauche eine Kultur des Mitmachens und Mitentscheidens, aber auch das Ringen um die besten Argumente. Andere Meinungen dürften deshalb nicht diffamiert werden. Die CSU aber vereine nicht, sie spalte. Und sie mache sich "lächerlich, wenn eine Volksbefragung nicht verbindlich ist".

Dabei ist Bayern aus CSU-Sicht "das Musterland für mehr direkte Demokratie", wie Josef Zellmeier sagte. Seine Partei werde nicht nachlassen, auch in Berlin für mehr Bürgerbeteiligung zu werben - siehe die jüngste Mitgliederbefragung zu Volksentscheiden auf Bundesebene. Die repräsentative Demokratie werde so gestärkt.

Piazolo hielt der CSU vor, mit ihrem Personalstreit der ganzen Demokratie zu schaden. Seit drei Jahren führe die Partei eine "quälende Nachfolgedebatte", sagte Piazolo und zitierte die in der CSU kritisierten "öffentlichen Selbstgespräche" von Ministerpräsident Horst Seehofer über "Glühwürmchen", "Prinzlinge" und "Schmutzeleien". Eine Antwort Seehofers fiel mangels Anwesenheit aus.

© SZ vom 11.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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