Verhinderter NPD-Parteitag:"Wir haben nichts Verbotenes getan"

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Michael Busch muss 5000 Euro zahlen, weil Erdhaufen auf der Straße einen NPD-Parteitag verhinderten. Nun erklärt der Coburger SPD-Landrat, was mit dem Geld passiert.

Interview von Olaf Przybilla, Coburg

Vor zwei Jahren machte Coburgs Landrat Michael Busch (SPD) bundesweit Schlagzeilen. Die NPD hatte ihren Bundesparteitag auf einer Wiese im Coburger Land ausrichten wollen. Mehrere Erdhaufen einer Baustelle verhinderten dies. Weil die freie Zufahrt für die Delegierten nicht sichergestellt werden konnte, musste die NPD ihren Parteitag absagen. Für Busch hatte die Sache juristische Folgen. Nur gegen eine Auflage von 5000 Euro wurden Ermittlungen wegen Nötigung eingestellt.

SZ: Herr Busch, 5000 Euro aus der eigenen Tasche, wie weh tut Ihnen das?

Michael Busch: Ich mache keinen Hehl daraus, dass es mir extrem schwer gefallen ist, diese Auflage zu zahlen. Und ja: Es tut mir weh. Auch als Landrat zahlt man das nicht aus der linken Tasche. Wobei man nicht vergessen darf, dass da noch eine vierstellige Summe für meinen Anwalt dazukommt. Es ist übrigens umso schmerzhafter, weil ich noch immer der Ansicht bin, absolut nichts falsch gemacht zu haben.

Bereuen Sie Ihr Handeln?

Nicht im Geringsten. Wir haben nichts Verbotenes getan. Das Verwaltungsgericht hatte uns nicht auferlegt, die Haufen von der Straße zu nehmen. Hätte das Gericht mich aufgefordert, dies zu tun, und ich hätte es nicht veranlasst, dann hätte ich gesagt: okay, vorsätzliche Nötigung. Aber so war es eben nicht. Und deshalb kann ich es einfach nicht verstehen, warum dann überhaupt noch ermittelt werden musste. Eine Freude bleibt immerhin: Das Geld fließt an Opferorganisationen des Holocaust, nach Buchenwald und Dachau. Ich nehme an, dass das ein Schlag ins Gesicht der NPD ist.

Oberfranken
:NPD sagt Bundesparteitag ab

Die rechtsextreme NPD hat ihren geplanten Bundesparteitag abgesagt. Grund sind Straßenbauarbeiten auf der Zufahrtsstraße zu einem privaten Grundstück in Lautertal, wo die Partei tagen wollte.

Aber Sie zahlen die Auflage. Warum?

Die Staatsanwaltschaft hat mein Handeln ausschließlich so gewertet, als wollte ich den NPD-Parteitag verhindern. Das war so nicht. Aber um das zu beweisen, hätte ich in den Prozess gemusst.

Und das wollten Sie nicht?

Ich habe es mir lange überlegt. Hätte mir vermutlich viel Publicity gebracht. Und vielleicht am Ende sogar ein Top-Image.

Aber?

Erstens hätte mich das noch mehr Geld gekostet. Ich hätte einen zweiten Rechtsanwalt gebraucht, einen Strafverteidiger. Am Ende hätte ich womöglich 30 000 Euro gezahlt und wohl auch im Erfolgsfall nur einen Teil zurückbekommen. Das wichtigere Argument aber ist: Die NPD hätte ein riesiges Forum bekommen. Am Ende wäre das doch am Landkreis hängengeblieben.

Aber gerade versucht die NPD diese Geldauflage auch für sich zu nutzen.

Ja, aber deren Behauptung stimmt einfach nicht, dass ich 5000 Euro Strafe zahlen musste. Ich habe eine Auflage gezahlt, danach ist das Verfahren eingestellt worden. Damit wird die Staatsanwaltschaft meine angebliche Schuld genauso wenig beweisen können wie ich meine Unschuld.

Das Ermittlungsverfahren richtete sich gegen Sie als Person.

Das hat mich schon gewundert. Aber total aufgeschreckt bin ich wegen des Verdachts der Untreue, deshalb wurde ja auch ermittelt. Weil der Erdaushub Geld gekostet habe. Natürlich hat der Geld gekostet! Aber die Baumaßnahme war geplant, das Geld dafür war längst eingestellt. Das hat die Regierung von Oberfranken bestätigt, deshalb bleibt von dem Vorwurf nichts übrig.

Blieb der Vorwurf der Nötigung in einem besonders schweren Fall.

Das wollte ich auch wissen: Was ist daran bitte ein "besonders schwerer Fall"? Antwort der Staatsanwaltschaft: Weil ich als Landrat, also im Amt, veranlasst habe, diese Maßnahme so durchzuführen. Aber: Dass wir den Aushub aus den Straßengräben der Kreisstraßen vorher untersuchen müssen, darüber gibt es überhaupt keinen Zweifel. Früher durfte man das einfach auf die Felder ausbringen. Heute muss der Aushub zwischengelagert und Proben müssen ins Labor geschickt werden. Das hätten wir so oder so tun müssen.

Der Erdaushub hätte nicht genau an der Stelle ausgeleert werden müssen, oder?

So kann man argumentieren. Aber wir haben etwa 25 Kreisstraßen. Wo soll ich das denn überall hintun? Da draußen hatten wird die Möglichkeit. Und dass wir am Anfang mit Polizei, Staatsschutz und der Gemeinde debattiert haben, wie man an so einer Stelle - auf drei Seiten von Wald umgeben - einen Bundesparteitag absichern soll, das wurde dann vergessen. Die Polizei hatte ein hohes Interesse daran, dass so eine Veranstaltung da nicht stattfindet. Geplant war kein Kreissommerfest, geplant war der NPD-Bundesparteitag! Man hätte den Wald einzäunen müssen, absurd.

16 Monate nach dem abgesagten Parteitag wurden im Amt Akten gesichert.

Der Zeitraum hat mich schon gewundert. Und der Rahmen, wie bei einer Razzia. Schon sehr erstaunlich. Auch noch im August, wo viele Kollegen aus dem Landratsamt im Urlaub sind. Da kommen Sie sich schon vor wie ein Verbrecher, gerade wenn Sie der Auffassung sind, dass das alles rechtens war, was Sie gemacht haben. Unterlagen hätten wir auch ohne Razzia geliefert.

Erfahren Sie Unterstützung?

Bei mir melden sich jetzt Leute, die sich beteiligen wollen an der Geldauflage. Ich muss schon sagen: eine schöne Erfahrung.

© SZ vom 21.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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