Metall- und Elektroindustrie:Nachwuchs, verzweifelt gesucht

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Die Metall- und Elektrounternehmen bieten beste Jobaussichten, finden aber trotzdem oft keine geeigneten Auszubildenden

Von Ralf Scharnitzky, München

Mädchen, Abiturienten und Studienabbrecher sind in der bayerischen Metall- und Elektroindustrie (M+E) künftig sehr gefragt. Der Grund: Die Zahl der Schulabgänger wird in den nächsten fünf Jahren von derzeit 140 000 auf 120 000 sinken. Bereits heuer wird mit einem deutlichen Rückgang der Lehrverträge gerechnet. Noch mehr Unternehmen werden ihre Lehrstellen nicht besetzen können. Deshalb setzen die M+E-Arbeitgeberverbände Bayme/VBM verstärkt auf Jugendliche, die sich bisher eher selten für Jobs in Bayerns größtem Industriezweig interessieren - und auf Zuwanderer.

Nach den Krisenjahren 2009/10 hatten die Metall- und Elektrounternehmen im Freistaat, in denen 790 000 Mitarbeiter beschäftigt sind, einen erheblichen Nachholbedarf bei der Fachkräftesicherung. Sie bildeten deshalb massiv aus. Der Höchststand wurde vor drei Jahren mit fast 15 000 neuen Lehrverträgen erreicht. "Der Effekt ist eine in Teilen ausreichende Personalausstattung", sagt Verbands-Hauptgeschäftsführer Bertram Brossardt.

Das ist allerdings nur ein Grund, warum die Zahlen der neuen Azubis aktuell zurückgehen: Im vergangenen Jahr auf 14 200, für 2015 wird mit noch mal 300 Verträgen weniger gerechnet. In einer am Mittwoch in München vorgestellten Umfrage unter den M+E-Betrieben erklärten ein Drittel der Firmen, deren Ausbildungsquote rückläufig war: Die Stellen konnten nicht besetzt werden, weil es keine geeigneten Bewerber gab. Brossardt: "Mit mehr geeigneten Bewerbern wäre die Zahl der neuen Ausbildungsverträge höher gewesen."

Auch wenn die Branche, die einen Jahresumsatz von 246 Milliarden Euro macht, einiges getan hat, um die Fachkräftelücke zu verkleinern, ist das nicht ausreichend. Und nun sinkt auch noch die Zahl der traditionellen Interessenten für die M+E-Jobs: junge Männer, die von den Mittel- und Realschulen kommen. Deshalb verstärkt im Visier: Mädchen, Abiturienten und Studienabbrecher. "Aber allein durch reine Optimierung im Inneren bekommen wir den Mangel nicht in Griff", sagt Brossardt. Er begrüßt deshalb die Zuwanderung. "Hier muss Deutschland offener werden, bürokratische Hürden abbauen und mehr für die schnelle Eingliederung von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt tun", fordert der Arbeitgeberchef.

Die Azubis haben in der Branche hervorragende Zukunftsaussichten: Für 2015 rechnet der Verband mit einer Übernahmequote von knapp 98 Prozent - mehr als drei Viertel werden in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis übernommen, ein enorm hoher Wert im Vergleich zu anderen Branchen. Aktuell arbeiten in den drei Ausbildungsjahrgängen knapp 43 000 Jugendliche. Und sie verdienen gut: im Durchschnitt über die gesamte Ausbildungszeit etwa 1015 Euro im Monat. Bundesweit liegt der Tarif branchenübergreifend bei 795 Euro. Mit diesen Pluspunkten wollen die Arbeitgeber jetzt verstärkt mit einem neuem Truck, in Schulen, auf Messen und auf Speed Datings um den Nachwuchs kämpfen: "Wer sich orientiert, entscheidet besser", sagt Brossardt - und damit, so die Hoffnung, für eine Ausbildung in der M+E-Industrie.

© SZ vom 26.03.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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