"Mein Kampf":Kritisch und mit Distanz

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Hitlers "Mein Kampf" soll an Schulen thematisiert werden

Von Anne Kostrzewa, München

An Bayerns Schulen soll die kommentierte Fassung von Hitlers "Mein Kampf" im Unterricht thematisiert werden. Dafür spricht sich das Bildungsministerium ebenso aus wie der Bayerische Lehrerinnen- und Lehrerverband (BLLV). "Wir müssen den Schülern eine kritische Auseinandersetzung damit ermöglichen", sagte BLLV-Präsidentin Simone Fleischmann der SZ. Nur so könne man den Text "entmythologisieren". Bildungsminister Ludwig Spaenle (CSU) kündigte an, den Schulen Empfehlungen zur Aufarbeitung an die Hand zu geben. Erste Hinweise veröffentlichte sein Ministerium bereits: Der Unterricht solle die "Wurzeln der Inhalte der Hetzschrift" erklären, die Inhalte sollten "kontextualisiert und distanzierend aufgearbeitet werden". Weiterhin müsse das "menschenverachtende Weltbild Hitlers und der NSDAP demaskiert" werden, damit die Hetzschrift "nicht politisch oder ideologisch missbräuchlich eingesetzt oder falsch verstanden werden kann". Entsprechende, freiwillige Lehrerfortbildungen soll es von Februar an geben.

Beim Umgang mit Texten wie "Mein Kampf" stehe, so Spaenle, die "historisch-kritische Quellenarbeit" entlang einzelner Textpassagen im Vordergrund. Den Schülern die gesamte kommentierte Fassung vorzulegen, hält er indes für "nicht zielführend". Die Auflage sei "ein wissenschaftliches Werk und kein Lehrmittel", sagte er. Damit reagierte er auch auf Ankündigungen seines Amtskollegen aus Mecklenburg-Vorpommern, Mathias Brodkorb (SPD). Dieser hatte am Mittwoch dafür plädiert, die kommentierte Ausgabe an Schulen lesen zu lassen. Spaenle sagte, dieser Vorstoß haben ihn "schon sehr überrascht".

BLLV-Präsidentin Fleischmann hält direkte Textarbeit mit der kommentierten Fassung schon für denkbar. "Wir müssen den Kollegen die Freiheit geben, passgenau für ihre Klassenstufen damit umzugehen." In der aktuellen Situation sei der Gesprächsbedarf zu Hass und Fremdenfeindlichkeit ohnehin groß. Die kritische Auseinandersetzung mit rechtem Gedankengut, wie in Hitlers Hetzschrift, passe deshalb in die Zeit. "Dafür braucht es viel Sensibilität und politische Reflexion. Aber eins lässt sich ohne das andere nicht diskutieren."

© SZ vom 09.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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