Medizin:Krankenbesuch per Video

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Puls fühlen, Blutdruck messen - das wollen die Hausärzte öfter ihren Assistentinnen überlassen. (Foto: Carsten Koall/Getty)

Auch Hausärzte setzen zukünftig auf Telemedizin

Von Dietrich Mittler, München

Bereits jetzt kommt insbesondere im ländlichen Raum nicht immer gleich der Arzt oder die Ärztin zum Hausbesuch, wenn die Patienten rufen. Stattdessen schicken Bayerns Hausärzte ihre "Verah", um chronisch Kranke zu versorgen, Verbände zu wechseln oder einfach nur nach grippeerkrankten Patienten zu schauen. Die Abkürzung Verah steht für "Versorgungsassistentin in der Hausarztpraxis", und geht es nach Dieter Geis, dem Vorsitzenden des Bayerischen Hausärzteverbandes, so sollen die Assistentinnen noch während des Hausbesuchs bei Fragen und Problemen direkt mit dem Arzt in Verbindung treten können. Modernste Elektronik soll dies ermöglichen.

"Die Telemedizin kann und wird uns Hausärzte in Zukunft erheblich entlasten", sagte Geis am Freitag. Im Alltag heißt das, dass in absehbarer Zukunft speziell darauf vorbereitete Assistentinnen mit einem Versorgungsrucksack ausgestattet werden, der moderne Mess- und Übertragungsgeräte sowie eine Videokamera beinhaltet. Die jeweils zuständigen Hausärzte und -ärztinnen können dann in ihrer Praxis via Videoübertragung direkt in das Wohnzimmer oder zum Krankenbett des Patienten zugeschaltet werden. Gleichzeitig laufen in der Praxis auch die Vitalparameter wie Herz- und Atemfrequenz sowie Blutdruck und Körpertemperatur ein. Das spart lange Fahrtzeiten, die Hausärzte des alten Schlags oft in kauf nehmen mussten.

"Wir sind mit den Kassen bereits in Verhandlungen, damit wir unsere Verahs entsprechend ausbilden können", sagte Geis. IT-Firmen sollen in der Folge die technischen Voraussetzungen schaffen. "Das wird sicherlich in naher Zukunft bereits ein wichtiges Thema werden, dass die Arzthelferin mit entsprechenden Gerätschaften ihren Chef konsultieren kann", sagte Geis. Mit anderen Worten: "Sie holt den Patienten virtuell ins Sprechzimmer."

Die künftigen Einsatzmöglichkeiten der Verahs sind nur eines von vielen Themen, über die Geis an diesem Samstag beim Bayerischen Hausärztetag in Nürnberg Rede und Antwort steht. Das aus Ärztesicht wichtigste Thema sind die bevorstehenden Wahlen in der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (KVB). Hier wird entschieden, wer künftig in der wichtigsten Institution der ärztlichen Selbstverwaltung das Sagen hat. Derzeit wird die KVB von einem Hausarzt geführt. Aus Sicht von Geis ist das auch gut so: "Wir Hausärzte haben bewiesen, dass wir konstruktive Politik machen können", sagte er. Aber natürlich weiß er, dass die Fachärzte auch gern ans Ruder kämen.

Andere brisante Themen, etwa die Auseinandersetzungen mit der AOK über die Gestaltung des Hausarztvertrages, sind indes mittlerweile vom Tisch, sodass Geis sagen kann: "Wir führen wieder konstruktive Gespräche." Öffentliche Angriffe zwischen Bayerns größter Krankenkasse und den Hausärzten seien kein Thema mehr. "Darauf haben wir uns im gegenseitigen Einvernehmen geeinigt", betonte Geis.

Als eine große Entlastung empfinden es Bayerns Hausärzte auch, "dass nun keine existenzbedrohlichen Regresse mehr auf sie einprasseln". Die trafen in der Vergangenheit immer wieder Hausärzte, die bei der Medikamenten-Verordnung festgesetzte Richtlinien überschritten hatten. "Unser nächste Ziel ist es, dass wir bei unseren Heilmittelverordnungen - also etwa bei verordneter Krankengymnastik und ähnlichem - mit den Kassen eine ähnlich positive Lösung finden können", sagte Geis.

© SZ vom 23.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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