Landtagswahlkampf:Liberale Lektüre

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Der ehemalige FDP-Geschäftsführer Martin Hagen legt ein Buch über Bayern vor

Von Lisa Schnell, München

Wenn Politiker Bücher schreiben, dann blicken sie meist zurück - auf ihr Leben im Allgemeinen und ihre Skandale oder Niederlagen im Besonderem. Gerade sie verlangen aus Sicht der schreibenden Politiker nach einer ausführlichen Klarstellung. Martin Hagen nun macht es andersherum.

Der 36-Jährige hat noch keine Skandale, die er ins rechte Licht rücken müsste. Ein Buch über seinen politischen Werdegang wäre wohl nicht dicker als ein Bierdeckel. Acht Jahre lang war Hagen Hauptgeschäftsführer der FDP in Bayern, 2018 will er für die Liberalen in den Landtag einziehen. Seine politische Karriere, wenn überhaupt, liegt also noch vor ihm. Ein Buch aber hat der Politikwissenschaftler aus Baldham jetzt schon geschrieben. Wer nicht zurückblicken kann, der schaut eben nach vorne.

Und so bringt Hagen zum Auftakt des Landtagswahlkampfs und seiner eigenen Kandidatur ein Buch heraus über "Das neue Bayern". "Warum unser Land ein Update braucht", lautet der Untertitel, der eigentlich heißen müsste: "Warum Bayern die FDP braucht." Schon das Cover verrät, wie Hagen die Zukunft des Freistaats sieht: Pink und blau leuchtet es vom Buchdeckel wie von einem FDP-Wahlplakat.

Fast alle dreizehn Autoren haben einen Bezug zu den Liberalen, angefangen von der ehemaligen bayerischen Landeschefin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, die das Vorwort verfasste, über die ehemalige Europaabgeordnete Nadja Hirsch bis zu Thomas Sattelberger, der früher bei der Telekom im Vorstand saß und jetzt für die FDP im Bundestag. Wer also erwarte, dass für jede Lebenslage der Staat in die Verantwortung zunehmen sei, "braucht das Buch nicht in die Hand zu nehmen", stellt Leutheusser-Schnarrenberger gleich zu Anfang klar.

Wer dem liberalen Gedankengut aber offen gegenüber steht, kann sich auf knapp 100 Seiten einen Überblick verschaffen, wie liberale Antworten im Bereich der Bildung, Integration oder Wirtschaft aussehen. Zu Anfang gibt Ante Pivac eine recht neutrale Aussicht, was Bayern an "Megatrends" erwartet vom demografischen Wandel bis zur Globalisierung. Auch der Aufsatz von Wolfgang Gründinger (als SPD-Mitglied der Exot unter den Autoren) über "Alte-Säcke-Politik" kann auch weniger FDP-affine, dafür junge Leser erhellen. Ein ehemaliger CSU-Mann ist ebenfalls unter den Autoren: Philipp Freiherr von Brandenstein. Zwei Monate war er 2008 für die CSU-Kampagne zuständig. Dann kam ein Foto an die Presse, auf dem er sehr jung und sehr betrunken so etwas wie einen Hitler-Gruß zeigte. Obwohl nicht für rechte Ansichten bekannt, verlor er seinen Job. Jetzt attestiert er den Christsozialen eine Identitätskrise. Das Leitkultur-geprägte Bild der CSU von Bayern decke sich nicht mit der realen Vielfalt des Freistaats.

Ansonsten lesen sich die meisten der Aufsätze wie liberale Positionspapiere: Mehr Freiheit für die Wirtschaft, weniger Bürokratie, mehr Chancengleichheit etwa durch mehr Geld für Bildung und einen Rechtsanspruch auf einen Ganztagsplatz. Wer schon immer mal wissen wollte, was die Liberalen zu sagen haben, dem sei das Buch für fünf Euro empfohlen. Alle anderen können auch auf die FDP-Beiträge im kommenden Landtagswahlkampf warten.

© SZ vom 12.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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