Landtag:Streit um das Wahlrecht

Lesezeit: 2 min

Die Opposition wittert Unheil: Weil in Oberbayern die Bevölkerung wächst, in anderen Landesteilen jedoch sinkt, soll das Wahlrecht geändert werden. Schon jetzt, zwei Jahre vor der nächsten Landtagswahl, sorgt diese Idee für heftigen Streit zwischen den Fraktionen.

Frank Müller

Bei der Landtagswahl von 2013 könnte es auf jede Stimme ankommen: Das befeuert bereits jetzt im Maximilianeum einen heftigen Parteienstreit über das zukünftige Wahlrecht. Im Verfassungsausschuss des Landtags prallten schwarzgelbe Mehrheit und Opposition aufeinander: CSU und FDP wollen eine zügige Reform, die bereits bei der nächsten Wahl greift. SPD, Freie Wähler und Grüne kritisieren das massiv und werfen der CSU vor, ihr gehe es vor allem um die eigene Macht.

In Oberbayern wächst die Bevölkerung, in der Oberpfalz und Oberfranken sinkt sie deutlich. Wenn es nach der Koalition geht, soll deswegen das Wahlrecht im Freistaat geändert werden. (Foto: ddp)

Dabei ist der Anlass eigentlich unstrittig und hat mit dem demographischen Wandel zu tun: Weil die Bevölkerung im Nordosten zurückgeht, in Oberbayern und den großen Zentren aber zunimmt, muss das auch Folgen für die Vertretung im Parlament haben. In Oberbayern hat die Bevölkerung inzwischen um 122.000 Menschen zugenommen, in der Oberpfalz und in Oberfranken sinkt sie dagegen deutlich.

Innenminister Joachim Herrmann (CSU) will deswegen den beiden schrumpfenden Bezirken je ein Mandat entziehen, beide hätten dann nur noch je 16 Abgeordnete im Landtag. Oberbayern gewönne ein Direkt- und ein Listenmandat hinzu. Dazu gebe es auch keine Alternative, sagt der CSU-Abgeordnete Winfried Bausback im Ausschuss: Ansonsten stünde das Prinzip des gleichen Gewichts der Wählerstimmen in Frage. Auch ein Experten-Hearing hatte in dieser Woche ergeben, dass Veränderungen in der Aufteilung geboten sind.

Doch SPD-Ausschusschef Franz Schindler glaubt, dass diese kleine Reform übers Knie gebrochen wird und das Parlament besser eine große Neuordnung des Wahlrechts für den übernächsten Urnengang im Jahr 2018 anstreben sollte: "Wahlrechtsfragen sind Machtfragen", sagt Schindler. Die Opposition befürchtet nämlich, dass der Abbau der Mandate im Nordosten gravierende Folgen haben könnte: Womöglich könne sogar in einzelnen Bezirken eine Partei trotz Überspringens der Fünf-Prozent-Hürde leer ausgehen, warnt die Grünen-Abgeordnete Susanna Tausendfreund. Die Auszehrung auf dem Land gehe "allmählich an die Substanz", mahnt auch Schindler.

Um die Stimmen-Gewichte bayernweit einigermaßen ausgeglichen zu halten, schlägt das Innenministerium zahlreiche Detailveränderungen an einzelnen Stimmkreisen vor - auch in München. Dagegen wiederum protestieren Freie Wähler und Grüne. Sie konnten aber gestern nicht durchsetzen, dass die Stimmkreise sich ganz einfach an den Stadtbezirksgrenzen orientieren - und "nicht an der Organisationsstruktur der CSU", wie Tausendfreund giftet.

Die Grünen wollen auch nicht einsehen, dass das zusätzliche oberbayerische Direktmandat ausgerechnet in Ingolstadt entsteht, in der Heimat von Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) also. Der hat bisher keinen Landtagssitz, der Verdacht liege also nahe, dass ihm am Heimatort einer maßgeschneidert werden solle, spekulieren die Grünen.

Zwar hat Seehofer schon deutlich gemacht, dass er es darauf nicht anlegt, doch das glauben ihm die Grünen nicht. Für CSU und FDP dagegen ist das zusätzliche Direktmandat eine rechnerische Frage: "Die Bevölkerungsentwicklung in Ingolstadt ist eben eine Tatsache und sie ist nicht auf den Ministerpräsidenten zurückzuführen", sagt FDP-Mann Andreas Fischer zur allgemeinen Erheiterung.

© SZ vom 30.09.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: