Landtag:Frauendebakel

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Bei fraktionsinternen Wahlen geht die Oberbayern-CSU unter

Von Wolfgang Wittl, München

Einen halben Tag nach der Sitzung, die in der CSU wahlweise als herber Rückschlag bei der Frauenförderung oder bei der Wahrung oberbayerischer Interessen in Erinnerung bleiben wird, ist im Kabinett Arbeit angesagt. Zu den Neuheiten zählt, dass nicht immer Ministerpräsident Markus Söder über die Beschlüsse des Ministerrats berichten wird, sondern öfter auch Staatskanzleichef Florian Herrmann. Doch Beschlüsse gibt es am Dienstag keine. Die Koalition aus CSU und Freien Wählern befindet sich noch in der Schnupperphase, auf der Tagesordnung stehen nur Sachstandsberichte. "Alles läuft planmäßig", sagt Herrmann. Alles planmäßig?

Nun, für die CSU-Fraktionssitzung am Montagabend lässt sich das nicht behaupten. Und wer im Landtag davon noch nicht gehört hat, kann am Dienstag am Gesicht von Ilse Aigner ablesen, dass der Abend für die oberbayerischen Abgeordneten zum mittleren Desaster geraten ist. Aigners Oberbayern stellen ein Viertel der CSU-Fraktion, an ihnen sollte bei Abstimmungen und klugen Absprachen kaum ein Weg vorbeiführen. Doch die anderen finden einen Weg: Drei Oberbayern stürzen bei der Wahl zu den begehrten Arbeitskreisvorsitzenden ab. Zwei von ihnen sind Frauen. Schnell machen Begriffe wie "Verschwörung" oder "Komplott" die Runde.

Stunden vor der Abstimmung hatte Söder seine Gedanken als designierter CSU-Chef vorgestellt. Er sagt, die Partei müsse "deutlich weiblicher" werden. Der Praxistest abends in der Fraktion scheitert krachend. Über die Gründe gibt es verschiedene Darstellungen. Manche behaupten, die Oberbayern würden schon lange benachteiligt und die Frauen sowieso. Andere, darunter sogar Oberbayern und Frauen, lehnen die Theorie als "Quatsch" ab. Sie vermissen taktisches Geschick.

Die Sitzung beginnt friedlich. Die Fraktionsvizes Tanja Schorer-Dremel, Alexander König und Winfried Bausback gehen glatt durch, die erste Klippe ist umschifft. Die Oberbayerin Schorer-Dremel, die erst zum Zug kam, weil Ex-Umweltminister Marcel Huber verzichtet hatte, erzielt sogar das beste Ergebnis. Doch mit der "totalen Harmonie", die ein Teilnehmer meldet, ist es schnell vorbei. Das oberbayerische Fiasko beginnt. Ulrike Scharf verliert den Kampf um den Arbeitskreis Wirtschaft knapp gegen den Franken Sandro Kirchner, offenbar noch Nachwehen aus ihrer Zeit als Umweltministerin und ihrem gespannten Verhältnis zur Fraktionsspitze. Viele bedauern Scharfs Scheitern, auch Söder hätte ein Comeback goutiert, heißt es. Dann unterliegt Ute Eiling-Hütig bei Wissenschaft um eine Stimme dem Münchner Robert Brannekämper. Kritiker sagen: Wie man eine Oberbayerin ausgerechnet gegen den einzigen Münchner schicken könne, wo man eigentlich zusammengehöre? Aigner ist erbost, lässt die Sitzung unterbrechen. Danach gibt es bei allen Bewerbern Gegenstimmen - Protest aus Oberbayern, argwöhnen manche. Und so fällt auch Aigners Favorit Klaus Stöttner gegen den Franken Jürgen Baumgärtner (Bau) durch. Nur zwei Oberbayern werden gewählt, Thomas Huber und Bernhard Seidenath.

Das nüchterne Ergebnis: 14 Vorsitzende, 13 Männer, eine Frau - Petra Guttenberger aus Franken. "Ein bemerkenswerter Vorgang", sagt Aigner am Tag danach. Immerhin nimmt sie eine Wette an, dass es in den nächsten 20 Jahren eine CSU-Vorsitzende geben wird. Aber erst mal ist Söder an der Reihe. Die Frauenförderung? Söder sagt: "Wir haben schon noch einen weiten Weg vor uns."

© SZ vom 21.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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