Landesgartenschau in Deggendorf:Nachhaltig schöner

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Die Skepsis war groß: Doch nach 164 Tagen Landesgartenschau bleibt für Deggendorf und seine Bürger viel mehr als ein paar Blumen. Eine Bilanz.

Von Wolfgang Wittl, Deggendorf

Einmal noch ist am Sonntag volles Programm geboten: Am Eingang zur 17 Hektar großen Grünanlage wird ein Shanty-Chor mit Traumschiff-Erfahrung auf der Bühne stehen, Kinder können sich bei einem Ritterturnier austoben, danach bricht langsam die Dämmerung über die Landesgartenschau in Deggendorf herein: Oberbürgermeister Christian Moser wird seiner Kollegin Brigitte Merk-Erbe die Fahne für die nächste große Gartenschau 2016 in Bayreuth überreichen, Bayerns neue Umweltministerin Ulrike Scharf in einem Festakt ein paar feierliche Worte sprechen.

Und dann? Was wird bleiben außer verwehten Seemannsliedern und Erinnerungen an mittelalterliches Kinderspektakel?

Hunderttausende Blumen, Stauden und Zwiebeln, 3500 Veranstaltungen, 450 Bäume, zwölf Blumenschauen, vier Themengärten - das sind die gärtnerischen Fakten zur Landesgartenschau 2014, die am Sonntag nach 164 Tagen zu Ende geht. Doch allein in Zahlen wird der Mehrwert nicht zu bemessen sein, davon ist OB Moser überzeugt.

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Eine neue Brücke, ein riesiges Naherholungsgebiet und verbesserter Hochwasserschutz: Auch wenn die Landesgartenschau für Deggendorf nicht günstig war, die Stadt wird nachhaltig davon profitieren.

Die Verbesserung der Infrastruktur, die eine Gartenschau ja vor allem bedeutet, werde Deggendorf auf Jahre hinaus eine höhere Lebensqualität verschaffen. Fast 90 Prozent der umgebauten Fläche werden der Stadt an der Donau als barrierefreies Naherholungsgebiet erhalten bleiben. Die vom Obersten Rechnungshof bemängelte Nachhaltigkeit, Gartenschauen seien für die Bevölkerung später nur unzureichend nutzbar, greife in Deggendorf auf keinen Fall, sagt Moser. Zahlreiche Rückmeldungen hätten ihn bestätigt, dass es richtig war, die Schau trotz mancher Kritik hierher zu holen. Zu seiner größten Freude gehörte es daher, über das Gelände zu gehen und auch viele Deggendorfer zu sehen.

An die 800 000 Gäste aus allen Kontinenten werden die Gartenschau am Ende besucht haben, sagen die Geschäftsführerinnen Ingrid Rott-Schöwel und Waltraud Tannerbauer - 100 000 mehr als kalkuliert und 200 000 weniger als die Vorgänger in Bamberg und Rosenheim. Dass man mit solchen rund doppelt so großen Städten nicht mithalten könne, sei schon vorher klar gewesen.

Das von der Stadt im Haushalt veranschlagte Minus von 1,3 Millionen Euro könnte dieses Wochenende noch unter eine Million gedrückt werden. Bei besserem Wetter wäre trotzdem wohl mehr möglich gewesen. Besonders an Feiertagen und in den Ferien verhinderte die nasskalte Witterung einen noch regeren Zuspruch. An anderen Tagen wiederum war es fast schon zu heiß.

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Nach dem verheerenden Hochwasser, das 2013 Städte und Dörfer in ganz Bayern zerstörte, werden die Dämme im Rekordtempo saniert. Die Landesregierung setzt zudem auf eine alte Idee - die in der Vergangenheit höchst umstritten war.

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Dennoch wollen die Veranstalter nicht klagen. Sie sind bereits froh, dass sie dieses Jahr vom Hochwasser verschont wurden. Zehn Monate vor der Eröffnung hatte die Jahrhundert-Flut weite Teile des Geländes überspült und schon eingesetzte Pflanzen vernichtet. Nur durch einen gemeinsamen Kraftakt und einen milden Winter gelang es, den Zeitplan einzuhalten. Größter Aufreger blieb letztlich der Streit um den Preis von Brezn, die der Caterer für zwei Euro das Stück anbot, ehe er nach Beschwerden um 50 Cent nachgab.

Insgesamt 35 Millionen Euro wird die Gartenschau gekostet haben, die Hälfte trägt Deggendorf. Nicht jeder in der Stadt konnte sich damit anfreunden. Inzwischen ist die Zufriedenheit aber so groß, dass die frühere Oberbürgermeisterin Anna Eder sogar als Namenspatin für einen Park ins Spiel gebracht wird. Als sie die Gartenschau nach Deggendorf holte, hatte sie mitunter scharfe Kritik einstecken müssen. Doch selbst Skeptiker werden einräumen müssen, dass sich das Gesicht der Stadt unabhängig von allen diskutablen Finanzfragen zum Vorteil verändert hat.

Die Donau ist wieder näher an die Stadt gerückt, ohne eine größere Gefahr für die Menschen darzustellen. Die neue Promenade trägt fast mediterrane Züge, ihre Strandbar soll weiter bewirtschaftet werden. Der Park zwischen Stadthalle und Technischer Hochschule, deren Erweiterung ohne Gartenschau wohl kaum so rasch gekommen wäre, ist prädestiniert als Campus für rund 5000 Studenten.

Ein Parkhaus, das an die Deichböschung angelehnt ist, bietet gut 400 Stellplätze und auf dem Dach einen begehbaren Park. Die neue Geh- und Radwegbrücke über die Donau ist mit 456 Metern eine der längsten Europas. Sie verbindet nicht nur den Donau- mit dem Isarradweg, sondern auch beide Uferseiten als einzige Überführung zwischen Straubing und Passau ohne die Belastung durch Autos.

Katastrophentourismus ist ausgeblieben

Der befürchtete Katastrophentourismus nach Fischerdorf, das unmittelbar auf der rechten Uferseite liegt, blieb während der Gartenschau aus. Fischerdorf kämpft bis heute wohl am stärksten mit den Folgen des Hochwassers. Dass Bundespräsident Joachim Gauck sein Versprechen einlöste und Deggendorf einen weiteren Besuch abstattete, zählt zu den Höhepunkten der Schau.

Er sei "mehr als zufrieden", wenn er auf das vergangene halbe Jahr zurückblicke, sagt OB Moser. Künftig will er auf dem Gelände ein kulturell angehauchtes Donaufest etablieren. Das Volksfest soll dafür endgültig weichen - und mit ihm die letzten Ausläufer des leidigen Bierkriegs zwischen Stadt und Brauereien. Auch das ist ein angenehmer Nebeneffekt.

© SZ vom 04.10.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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