100.000. Krippenplatz in Bayern:Haderthauers Heimvorteil

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Christine Haderthauer darf in der Heimatstadt von Horst Seehofer den 100.000. Krippenplatz feiern. (Foto: dpa)

Nach all dem Ärger hat Sozialministerin Haderthauer endlich wieder was zu feiern: Den einhunderttausendsten Krippenplatz im weiß-blauen Freistaat nämlich. Und der befindet sich auch noch in Ingolstadt - Haderthauers Stimmkreis und Heimatstadt von CSU-Chef Seehofer. Welch prächtiger Zufall!

Von Sebastian Gierke

Nein, sie hat's nicht leicht gerade. Wirklich nicht. Nach ihrem missglückten Auftritt in einer Würzburger Asylbewerberunterkunft steht Christine Haderthauer (CSU) mächtig unter Druck. Wegen eines verweigerten Gesprächs, wegen geduldeter, rechtslastiger und diffamierender Kommentare auf ihrer Facebook-Seite und wegen Angriffen gegen die Medien. Und jetzt legt sich auch noch ihre beliebte Vorgängerin, Christa Stewens, mit Haderthauer an.

Zugegeben: Die Leitung des bayerischen Staatsministeriums für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen ist ein ziemlich undankbarer Job. Selbst große Anstrengungen werden selten gewürdigt. Die Scheinwerfer sind meist auf andere gerichtet, Aufmerksamkeit, gar Ruhm sind nur schwer zu erreichen.

Auf Ruhm, auf die perfekte Inszenierung legt Christine Haderthauer aber gesteigerten Wert. Sie will unbedingt wahrgenommen werden - als gestaltende Kraft. Immerhin gilt sie immer noch als Kandidatin für die Nachfolge von Horst Seehofer. Wenn auch nicht als besonders aussichtsreiche.

Da kommt es Haderthauer recht, dass gerade der 100.000. Krippenplatz in Bayern fertig geworden ist. Und Haderthauer wäre nicht Haderthauer, die CSU wäre nicht die CSU, wenn der Krippenplatz irgendwo in Bayern entstanden wäre. Natürlich nicht: Gerolfing wird diese Ehre zuteil, einem für die CSU nicht ganz unbedeutenden Stadtteil Ingolstadts.

Denn dort wohnt Ministerpräsident und CSU-Chef Horst Seehofer mit seiner Familie. Und dort hat Haderthauer ihren Stimmkreis. Und Oberbürgermeister Alfred Lehmann gehört ebenfalls den Christsozialen an. Muss man noch erwähnen, dass die Kita "Am Eichenwald", die den 100.000. Krippenplatz aufzuweisen hat, sich in städtischer Trägerschaft befindet?

"Meilenstein in der Erfolgsgeschichte"

Und was macht das Familienministerium? Das schreit doch tatsächlich: "Zufall!" Natürlich! Wie konnten wir nur anderes annehmen? Etwa eine gezielte Auswahl? Davon will das Familienministerium jedenfalls nichts wissen. Dass gerade in der Kita "Am Eichenwald" die Grenze von 100.000 Plätzen überschritten wurde, beruhe auf den entsprechenden Meldungen der Kommunen zur Fertigstellung der neuen Plätze. Seit Jahresbeginn seien rund 200 Bauprojekte mit fast 4000 neuen Plätzen gefördert worden. "Im Übrigen ist es weniger entscheidend, wo der 100.000. Krippenplatz entsteht, sondern dass in Bayern insgesamt der Krippenausbau mit großen Schritten dem Ziel der Bedarfsdeckung vor Ort näherkommt."

Haderthauer wird diese glückliche Fügung dankbar zu einem natürlich möglichst ruhmreichen Auftritt nutzen. Am nächsten Montag (15. April) nimmt sie persönlich an der Festivität zur Einweihung des Platzes teil. Es handelt sich schließlich laut Ministerium um einen "Meilenstein in der Erfolgsgeschichte" des Kita-Ausbaus. Ein Gespräch wird sie da sicher auch kaum jemandem verweigern.

Wir vom #ltwby13-Blog fragen uns unterdessen, wie groß die Diskrepanz zwischen erlebter Wahrheit und deren Repräsentation werden kann, bis sie selbst den inszenierungssüchtigsten Politikern nicht mehr glaubwürdig erscheint.

© Süddeutsche.de/mit Material von dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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