Kooperation:Spaenle in geheimer Mission

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Der Kultusminister wirbt in Russland für mehr Partnerschaft bei Kultur und Bildung

Von Anne Kostrzewa, München

Einen Monat nach Ministerpräsident Horst Seehofer war auch Wissenschaftsminister Ludwig Spaenle in Russland. Wie der CSU-Politiker der Süddeutschen Zeitung sagte, verbrachte er eine Woche in Sankt Petersburg und in der Hauptstadt Moskau. Dort habe er mit Politikern und Kulturschaffenden über Möglichkeiten gesprochen, die Beziehungen zwischen dem Freistaat und der Russischen Föderation in den Bereichen der Kultur, Bildung und Wissenschaft auszubauen. "Die Wahrnehmung Bayerns in Russland ist bemerkenswert", sagte Spaenle. "Das Interesse vonseiten Russlands ist groß, Bayern als Partner für Bildung und Wissenschaft zu gewinnen."

Aus Sicht des Ministers könne auch Bayern von dieser Kooperation enorm profitieren. "Besonders wichtig ist mir die Vertiefung der kulturellen Zusammenarbeit", erläuterte Spaenle. Geplant sei unter anderem ein russisches Open-Air-Festival in München. Schon in diesem Sommer wolle das russische Kulturministerium unter dem Motto "Feel Russia" für ein Wochenende die Kultur der Föderation an die Isar bringen, mit Trachten, Tanz, Gesang und russischer Musik. Als Veranstaltungsort sind der Marienhof oder der Odeonsplatz im Gespräch. Spaenle sagte seinen Gesprächspartnern in Moskau zu, sich mit Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) kurzzuschließen.

Eröffnen soll das Festival die stellvertretende Kulturministerin Russlands, Alla Manilova, mit der Spaenle bis zu diesem Zeitpunkt in "gegenseitigem Briefwechsel" stehen will. Der Minister ist zuversichtlich, bis dahin ein "konkretes Rahmenabkommen" ausgearbeitet zu haben, das die Zusammenarbeit beider Länder in eine feste Form gießen soll.

Über das Festival hinaus sind laut Spaenle auch gemeinsame Ausstellungen in Planung. Als symbolischer "Kulturvermittler" sei der Architekt Leo von Klenze im Gespräch, der sowohl in Bayern als auch in Sankt Petersburg Bauwerke entworfen hatte. Nach seinen Plänen wurden etwa die Glyptothek und die Propyläen am Münchner Königsplatz errichtet. In Sankt Petersburg ließ Leo von Klenze, als eines der letzten seiner Werke, die Neue Ermitage errichten, die als Teil des gleichnamigen Kunstmuseums Tausende Kulturbegeisterte aus aller Welt anzieht. Viele Entwürfe Klenzes, die in der geplanten Ausstellung zu sehen sein sollen, lagern heute im Münchner Staatsarchiv, dessen Gebäude an der Ludwigstraße der Architekt ebenfalls selbst entwarf - allerdings als Kriegsministerium.

Über Klenze hinaus verabredete Spaenle in Moskau eine intensivere Zusammenarbeit mit den russischen Archiven. "Gerade im Hinblick auf die historische Verantwortung Deutschlands für die Geschehnisse im Zweiten Weltkrieg ist das ein wichtiger Schritt", sagte Spaenle. Tausende sowjetische Kriegsgefangene wurden während der nationalsozialistischen Diktatur in Konzentrationslagern umgebracht, auch in den bayerischen Konzentrationslagern Dachau und Flossenbürg.

Im Zuge der Bildungskooperation möchte Wissenschaftsminister Spaenle die Qualität des Russischunterrichts an bayerischen Schulen verbessern. Für die Hochschulen soll ein Stipendienprogramm entstehen, das bayerische Doktoranden und Masterstudenten bei einem Austausch nach Russland finanziell unterstützt. Eine institutionalisierte Zusammenarbeit im Bereich der Hochschulen hatte bereits Ministerpräsident Seehofer auf seiner umstrittenen Moskau-Reise im Februar angekündigt.

Dass Spaenle seine Reise nicht vorab publik gemacht hat, habe nichts mit der Kritik an Seehofers Besuch in Moskau zu tun, sagte Spaenle. Sein Aufenthalt in Russland sei bereits seit dem vergangenen Jahr in der Planung gewesen. Er habe lediglich die Ergebnisse der Annäherung abwarten wollen. "Jetzt liegt ein ganzes Paket gemeinsamer Projekte auf dem Tisch, über die es sich zu sprechen lohnt." Zu den politischen Spannungen zwischen Russland und Europa sagte der Minister: "Es ist wichtig, diese Probleme anzusprechen und einzuordnen. Aber die Kernbotschaft ist, dass es eine hohe Bereitschaft gibt, Fäden zwischen beiden Ländern zu spinnen und die Zusammenarbeit auszubauen."

Russlands Wissenschaftsminister Veniamin Kaganov zufolge ist Ludwig Spaenle der erste Landesminister, der mit dem Ziel einer vertieften Zusammenarbeit den Kontakt zu seinem Ministerium gesucht habe.

© SZ vom 12.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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