Konsultationen:Der Bund der Südstaatler

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Am Zoo in Leipzig treffen sich die Regierungen von Bayern und Sachsen und stellen fest: Alle Bundesländer sind gleich, aber manche sind gleicher

Von Cornelius Pollmer, Leipzig

Als Treffpunkt für diese politische Spezialveranstaltung ist die Kongresshalle am Leipziger Zoo ausgesucht worden, und weil es bis zum Gruppenbild natürlich doch wieder länger dauert, geht man als Besucher am besten ein wenig spazieren. Der große Tagungssaal hält die Kabinette aus Bayern und Sachsen noch immer gefangen, gleich daneben liegt das freundliche Gehege für die schwarzen Brüllaffen und den Kaiserschnurrbarttamarin. Politik am Zoo, im Pegida-Staat Sachsen, da könnte man jetzt über Orwell nachdenken, aber irgendwie erledigt das Horst Seehofer dann gleich selbst.

Zum siebten Mal treffen sich an diesem Dienstag die Regierungen aus Bayern und Sachsen zu einem Austausch. Warum sie das tun, erklärt Ministerpräsident Seehofer zwischendurch mit ein paar seiner geschmeidig-unverfänglichen Superlativen. Nicht nur alle Tiere sind gleich, im Grunde gilt das auch für die Bundesländer, aber, sagt Seehofer, "die Zusammenarbeit zwischen Bayern und Sachsen ist aus unserer Sicht die intensivste und die beste Partnerschaft. Wir haben sehr viele Gemeinsamkeiten, im Denken, im Handeln, in der Entwicklung." Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) nickt dazu bedeutsam sacht, er sagt, Sachsen habe in den vergangenen 26 Jahren "oft bewundernd nach Bayern geschaut. Mittlerweile glauben wir, dass wir auch einiges anzubringen haben."

Zwei Ministerpräsidenten: Stanislaw Tillich (CDU) und Horst Seehofer (CSU) haben sich über Elektroautos und innere Sicherheit unterhalten. (Foto: Hendrik Schmidt/dpa)

In diesem Geist also gibt es die gemeinsamen Kabinettssitzungen, und diese haben eine interessante Gestalt angenommen, eine Mischung aus G-8-Gipfel, Grüner Woche und Exkursionstag. Nach der Sitzung geht Tillich voran, er sperrt im Minister-Durcheinander einen Gruppenbildhohlraum für Seehofer frei, demonstratives Anzugknöpfen und Kostümzupfen. In den Fluren der wunderbaren Kongresshalle wird derweil aufgefahren: Der Saft kommt von "Sachsen Obst", der Wein von Gut Proschwitz, das Allerlei aus Leipzig. Die abschließende Pressemitteilung ist unwiderlegbar überschrieben mit: "Bayern und Sachsen festigen ihre Partnerschaft."

Wie wird gefestigt? Mit Begrüßungen, Bekräftigungen, Intensivierungen. Tillich und Seehofer begrüßen die Prämien-Offensive der Bundesregierung für Elektroautos. Am Aufbau einer Ladeinfrastruktur wollen sie sich mit Landesmitteln beteiligen. Die Ministerpräsidenten bekräftigen ihre Forderung nach einer Elektrifizierung der Sachsen-Franken-Magistrale über Hof hinaus. Bis 2023, sagt Tillich, solle die Deutsche Bahn eine durchgehend elektrifizierte Fernverbindung zwischen Sachsen und Bayern einrichten. Intensiviert schließlich wird die Zusammenarbeit beider Bundesländer bei Innerer Sicherheit und Asylpolitik. Das beginne bei der Bekämpfung von "Wohnungseinbruchdiebstahl" und höre nicht auf mit der besseren Sicherung der EU-Außengrenzen. Vieles hat man schon mal gehört, aber so ist das eben, hier wird keine Partnerschaft stürmisch begründet, hier wird sie gefestigt. Da besinnt man sich auf all das, was man schon mal als gemeinsam identifiziert hat.

Zum siebten Mal haben sich Bayern und Sachsen zu Konsultationen getroffen. Es gibt sogar einen gemeinsamen Anstecker. (Foto: Hendrik Schmidt/dpa)

Nach Monaten der Übermacht des Themengroßraums Asyl scheinen Tillich und Seehofer zudem fast dankbar, einmal wieder priorisieren zu dürfen. Die Wahl bei dieser Priorisierung fällt auf die Elektromobilität, Seehofer nennt sie einen "herausragenden" Punkt. Er habe "überhaupt kein Verständnis für Bedenken" gegenüber der Förderpolitik der Bundesregierung. Auch da nickt Tillich sachte - und erinnert daran, dass Sachsen wie Bayern nicht nur Freistaaten, sondern auch Automobilindustriestaaten sind. Dieser Sachlichkeit fügt Seehofer ein paar Sätze kräftigster Prosa hinzu. Solche Dinge, sagt er mit Bezug auf die Förderprämie, solche Dinge also "muss man rechtzeitig machen, nicht erst, wenn der Strukturwandel vollzogen ist" - sonst gebe es "allenfalls noch die Massenarbeitslosigkeit zu verwalten".

Per Nachfrage kommt die Rede von Seehofer nun auf die AfD: "Ich persönlich setze mich eigentlich so gut wie überhaupt nicht mit Konkurrenten auseinander", sagt Seehofer. Er finde, die Union müsse vielmehr eine eigene Haltung entwickeln. Tillich fügt hinzu, Kanzlerin Merkel habe erst am Montag bei einer CDU-Präsidiumssitzung genau dies deutlich gemacht, nämlich, "dass es rein mit einer Verteufelung, Stigmatisierung und Ausgrenzung der AfD und ihrer Wählerschaft nicht getan ist. Man muss sich mit ihr politisch auseinandersetzen".

Gelegenheit dazu wird sich auch beim nächsten Freundschaftsspiel zwischen Bayern und Sachsen bieten. Das von beiden Ländern 2012 begründete "Zukunftsforum" soll fortgesetzt werden und sich demnächst mit der "Innovationsregion Bayern - Sachsen" befassen. Gemeint ist damit allerdings vor allem digitale Technologie, Neuerungen im Umgang mit der AfD sind eher nicht zu erwarten.

© SZ vom 04.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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