Justiz:Umstrittenes Integrationsgesetz

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Verfassungsgerichtshof will Entscheidung verkünden

Von Dietrich Mittler, München

Seit Mai 2017 hatten die Richter des Verfassungsgerichtshofs in München Zeit, das Integrationsgesetz des Freistaats auf Verfassungskonformität zu prüfen. An diesem Dienstag wollen sie ihre Entscheidung verkünden - in einem äußerst umstrittenen Fall: Schon während seiner Entstehung spaltete das Gesetz Gegner und Befürworter in unversöhnliche Lager. Gestritten wird insbesondere um die Definition einer "Leitkultur". Laut Präambel des Gesetzes handelt es sich dabei um einen "identitätsbildenden Grundkonsens", der "täglich in unserem Land gelebt" werde und der "die kulturelle Grundordnung der Gesellschaft" bilde.

Das von der CSU propagierte Integrations-Verständnis ist aus Sicht der SPD und der Grünen jedoch nicht verfassungskonform. Grund: Gestützt auf das Integrationsgesetz fordere der Freistaat von den Migranten die Aufgabe der eigenen Kultur. Und dabei würden eindeutig verfassungsrechtlich garantierte Grundrechte verletzt, etwa die Meinungsfreiheit, das Versammlungsrecht oder das Recht der Eltern, ihre Kinder nach eigenen Vorstellungen zu erziehen.

Tobias Reiß, parlamentarischer Geschäftsführer der CSU-Landtagsfraktion, weist das zurück. "Wir sehen keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass dieses Gesetz nicht mit der bayerischen Verfassung in Einklang stünde", sagte er auf Nachfrage. Wenn behauptet werde, dass bayerische Integrationsgesetz Migranten zur Aufgabe der eigenen Kultur zwinge, so sei das Unfug. "Wir fordern Respekt vor unserer Kultur und sind auf Basis unserer Werte auch zu respektvollem Miteinander bereit", sagte Reiß. Und überdies, der Freistaat setze sich hierbei auch nicht über die Gesetzgebungskompetenz des Bundes hinweg.

Aus Sicht der Verfahrensgegner ist das Integrationsgesetz aber auch handwerklich "völlig missglückt". Durch seine Unbestimmtheit öffne es der Willkür Tür und Tor. Die Grünen-Abgeordnete Gülseren Demirel äußerte am Montag die Hoffnung, der Verwaltungsgerichtshof werde zumindest "in einzelnen Punkten" Änderungen im Gesetzestext einfordern. Der SPD-Fraktionsvorsitzende Horst Arnold erklärte unterdessen: "Selbst wenn der Gerichtshof nicht in unserem Sinne entscheiden sollte, werden wir uns auch in Zukunft politisch für eine Änderung dieses Integrationsgesetzes einsetzen."

© SZ vom 03.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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