Investorenpflege:Auf anderem Kurs

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So schön steht sich's vor einer Regierungszentrale: Ilse Aigner vor dem Weißen Haus in Washington. (Foto: Steffen Leiprecht)

Nach viel bayerischer Ostpolitik fliegt Ilse Aigner in die USA

Von Wolfgang Wittl, München

Das Thema Auslandsreisen ist in der CSU bekanntlich besonders heikel: Parteichef Horst Seehofer wird spätestens seit den Besuchen bei Wladimir Putin und Viktor Orbán vorgeworfen, eine einseitig ostlastige Außenpolitik zu betreiben. Auch aus den eigenen Reihen kommt Kritik, die traditionell guten Kontakte in die USA würden vernachlässigt. Wirtschaftsministerin Ilse Aigner erging es ähnlich wie Seehofer: Iran, China und Russland lauteten zuletzt ihre großen Reiseziele. Aigner stellte stets klar, dass ihr die transatlantischen Beziehungen besonders am Herzen liegen. Nun hat sie Gelegenheit, den Partnern in Übersee ihre Wertschätzung persönlich zu übermitteln.

Seit Dienstag tourt die bayerische Wirtschaftsministerin an der amerikanischen Ostküste, bis zu ihrer Rückkehr am Samstag hat sie sich ein dichtes Programm auferlegt. Zwei Ziele verfolgt Aigner: "Natürlich müssen wir im harten globalen Wettbewerb für unsere Unternehmen neue Märkte erschließen", sagt sie einerseits. Wichtig sei es andererseits aber auch, "die enge historische Verbundenheit zu den USA aufrechtzuerhalten - zumal uns gemeinsame Werte verbinden". Innerparteilich liegt sie damit auf einer Linie mit ihrem Rivalen Markus Söder und auch mit CSU-Vize Manfred Weber. Beide hatten bei ihren jüngsten US-Aufenthalten ein spezielles Augenmerk auf die Digitalisierung gelegt.

Ein neues Büro in Boston soll amerikanische Firmen nach Bayern locken

Aigners Bandbreite als Wirtschaftsministerin ist größer, die USA sind nach wie vor der wichtigste bayerische Absatzmarkt: Neben Digitalisierung spricht sie dieser Tage mit Politikern und Fachleuten über Firmengründungen und Biotechnologie. Sie betreibt Investorenpflege und besucht Unternehmen, die im Freistaat Arbeitsplätze schaffen sollen. In Boston eröffnet sie das "Mobile Office" von "Invest in Bavaria", das amerikanische Firmen nach Bayern locken soll.

Im Mittelpunkt der Reise standen zunächst allerdings Gespräche in Washington zum umstrittenen Freihandelsabkommen TTIP. Aigner traf nicht nur den amerikanischen Chefunterhändler Dan Mullaney, sondern überraschend auch den ihm übergeordneten Handelsbeauftragten Michael Froman, die rechte Hand von Präsident Barack Obama in dieser Frage. Sie erfuhr: Die US-Regierung wolle die Verhandlungen noch dieses Jahr zum Abschluss bringen, der Präsidentschaftswahlkampf mache es aber nicht leichter. Aigner bekräftigte ihre Haltung: Sie sagte grundsätzlich "ja" zu TTIP, ließ jedoch ein "aber" folgen. Verbraucherschutz müsse gewahrt bleiben, Transparenz gewährleistet sein - auch unter Freunden.

© SZ vom 17.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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