Integration:Meistens sind es Aushilfsjobs

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Kleine Firmen bieten Flüchtlingen eher Arbeit an als große, zeigen aktuelle Zahlen

Von Maximilian Gerl, München

Die Integration von Flüchtlingen geht langsam voran: Bislang gab es nur Schätzungen, wie viele Flüchtlinge in Bayern einen Job gefunden haben. Die Agentur für Arbeit hat nun erstmals konkrete Zahlen errechnet. Exakt 11 605 Geflüchtete haben zwischen Dezember 2015 und Mai 2016 eine Arbeit im Freistaat aufgenommen. Dabei fällt auf: Vor allem kleine und mittelständische Betriebe stemmen die Integration der Geflüchteten. "Das sind letztlich die Macher auf der Unternehmensseite", heißt es dazu aus der Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit (BA). Große Unternehmen halten sich hingegen mit Jobangeboten zurück.

Gut nachvollziehen lässt sich das an den sogenannten Einmündungen in Arbeit nach Arbeitsmarktprüfung. Asylbewerber dürfen nach drei Monaten auch ohne Aufenthaltsgenehmigung arbeiten. Einzige Bedingung: Sie dürfen keinem Inländer den Arbeitsplatz wegnehmen. Weil die Jobcenter jedes Arbeitsgesuch danach überprüfen, lässt sich anhand der Genehmigungen genau nachvollziehen, wo die Flüchtlinge tätig werden.

Von 8500 Asylbewerbern kamen demnach fast alle in kleinen und mittleren Unternehmen unter. 24 Prozent arbeiten als Reinigungskräfte, 18 Prozent in der Küche, zehn Prozent als Servicekräfte in Hotels und Gaststätten. Großunternehmen haben gerade einmal 800 der 8500 Asylbewerbern einen Job angeboten - das sind magere zehn Prozent. Die meisten davon arbeiten im Bereich Lager und Logistik oder bei Zustelldiensten. Dafür bieten Großunternehmen tendenziell mehr Praktika an. Insgesamt haben rund 6900 Flüchtlinge im vergangenen halben Jahr ein Praktikum absolviert, einige wurden später übernommen.

Warum sich ausgerechnet die großen Firmen im Bayern mit Jobs zurückhalten, dürfte mehrere Gründe haben. Vielleicht sind ihre Betriebe stärker automatisiert, vielleicht sind die bürokratischen Anforderungen höher. Auch spüren kleine Handwerksbetriebe den Fachkräftemangel stärker als große Unternehmen, die neue Mitarbeiter oft mit besserer Bezahlung und besseren Sozialleistungen locken können. Sie müssen sich deshalb etwas einfallen lassen. Einige bayerische Industrie- und Handwerkskammern haben früh die Flüchtlinge als Chance begriffen: So etwa die IHK Schwaben, die schon im Dezember 2014 ein spezielles Ausbildungsprogramm gestartet hat.

Bei der Agentur für Arbeit geht man davon aus, dass die Großunternehmen mit Jobangeboten nachziehen werden. Über die aktuellen Zahlen herrscht in Nürnberg jedenfalls große Zufriedenheit: Gemeinsam mit der Vereinigung der bayerischen Wirtschaft (VBW) und der Staatsregierung hat es sich die Agentur zum Ziel gesetzt, bis Ende dieses Jahres 20 000 Flüchtlingen Arbeits- und Praktikumsstellen zu verschaffen. Bis Ende 2019 sollen es gar 60 000 sein. Der Geschäftsführer der Regionaldirektion Bayern, Markus Schmitz, sagt: "Jeder Tag, an dem die geflüchteten Menschen einer Arbeit nachgehen, ist ein guter Tag, weil eine Integration im täglichen Arbeitsleben besser funktioniert als in isolierten Gemeinschaftsunterkünften." Allerdings fange die Arbeit für seine Behörde jetzt erst an. Denn die meisten neuen Jobs sind Helferstellen. Diese in "richtige" Festanstellungen zu überführen, dürfte eine noch größere Herausforderung werden.

Wie groß die Probleme bei der Integration immer noch sind, wird auf einem Kongress in der vergangenen Woche deutlich. Vertreter von VBW, Staatsregierung und der Agentur für Arbeit ziehen eine Zwischenbilanz. Bayern befinde sich bei der Integration in den Arbeitsmarkt auf einem guten Weg, heißt es unisono. Bis zum Ziel sei es aber noch weit. VBW-Geschäftsführer Bertram Brossardt wirbt für einen "langen, langen Atem". Viele Flüchtlinge stünden erst in den kommenden Jahren dem Arbeitsmarkt zur Verfügung, weil ihnen derzeit Sprachkenntnisse und Kompetenzen fehlten. Und: "Wir müssen die Flüchtlinge so unterbringen, dass sie nah an den Betrieben wohnen", fordert Brossardt.

Wer einen Job bekommt und wer nicht, hängt auch davon ab, wie die Flüchtlinge auf die Kommunen verteilt werden. Je weiter der potenzielle Arbeitgeber entfernt ist, desto schwieriger ist die Pendelei zu organisieren. Die aktuellen Zahlen zeigen, dass fast jeder dritte Geflüchtete in Bayern einen Job im Raum München findet. Hier sitzen vielen Firmen, die Nachfrage nach Arbeitskräften ist hoch. Mit großem Abstand folgen Augsburg, Weilheim und Ingolstadt. Auf den ersten Blick bieten die Agenturbezirke Weiden, Bayreuth-Hof und Schwandorf die schlechtesten Jobaussichten. Wie viele Flüchtlinge in den Bezirken eine Arbeit aufnehmen können, hängt aber unter anderem davon ab, wie viele Flüchtlinge überhaupt in der Region wohnen.

© SZ vom 11.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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