Inklusion:Gleiches Recht für alle gefordert

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Behinderte in Einrichtungen sollen Ausweise dort verlängern können

Von Dietrich Mittler, München

Seit acht Jahren kämpft Hermann Held aus Offenberg im niederbayerischen Kreis Deggendorf schon darum, dass bei der Ausstellung eines neuen Personalausweises schwerstbehinderte Menschen nicht aufs Amt gehen müssen, sondern dass die Amtspersonen in die Einrichtung kommen. Um die lange Geschichte kurz zu machen: Der nunmehr 73-Jährige hat in dieser Auseinandersetzung schon Gott und die Welt um Beistand gebeten - jetzt am Mittwoch auch das Bayerische Verwaltungsgericht München in der Sache "Hermann Held gegen Freistaat Bayern wegen Passrecht".

Es gibt in Bayern durchaus Kommunen, in denen es längst so gehandhabt wird, dass die zur Ausstellung von Ausweisen notwendige Identitätsprüfung in der Behinderten-Einrichtung stattfinden kann. Insbesondere dann, wenn es für die Betroffenen zu beschwerlich wäre, aus eigener Kraft aufs Amt zu kommen. Nicht aber im oberpfälzischen Berching. Weil das der Berchinger Bürgermeister Ludwig Eisenreich (CSU) ganz einfach nicht will. In einer Großgemeinde mit mehr als 40 Ortsteilen sei das personell nicht zu stemmen. Hermann Held und Ludwig Eisenreich wären jedoch wohl nie aneinandergeraten, würde nicht Helds Schwester in Berching in einer Regens-Wagner-Einrichtung für Menschen mit Behinderungen leben.

Helds Schwester hat mittlerweile einen Personalausweis, weil der damalige Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) im Hintergrund unterstützend tätig geworden war. Auch den hatte Held angeschrieben. Kurze Zeit darauf seien zwei Mitarbeiterinnen der Berchinger Stadtverwaltung in die Regens-Wagner-Einrichtung gekommen. Dort nahmen sie Helds Schwester in Augenschein, erledigten im Nu alle Formalitäten. Das taten sie allerdings nur bei ihr, nicht aber bei anderen Einrichtungsbewohnern, die ebenfalls neue Papiere brauchten. So etwas, sagt Hermann Held, gehe doch gar nicht. Sein Ziel lautet: gleiches Recht für alle Menschen mit Behinderung im Freistaat. "Ich muss das durchziehen, das bin ich diesen Menschen schuldig, das ist meine Aufgabe", sagt er.

In diesem Sinne wollte Held nun eine Änderung des Passrechtes vor Gericht durchsetzen. Josef Nuber, der Vorsitzende Richter, machte ihm indes schnell klar, dass daraus nichts wird. Hauptargument: Passrecht ist Bundesrecht. "Hier können Sie nichts gewinnen", teilte er dem 73-Jährigen mit. Soweit die knallharte Seite bayerischer Justiz - gefolgt von menschlicher Güte. "Ihr Ziel ist lobenswert und zu unterstützen", sagte Richter Nuber sodann, "aber man muss es in die richtigen Bahnen bringen." Es folgten viele Tipps, wie das zu machen sei. Unter anderem solle sich Held wieder an Horst Seehofer richten, der jetzt Bundesinnenminister ist. Gegen Ende des Verfahrens sagte Nuber: "Es wird viel über Inklusion geredet, aber leider sind das oft nur leere Worte."

© SZ vom 18.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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