Wenn es darum geht, den Flächenfraß einzudämmen, wollen die Kommunen jetzt die Landwirtschaft in die Pflicht nehmen. In seinem neuen Positionspapier "Flächenverbrauch in Bayern" fordert der Gemeindetag, das Recht der Bauern einzuschränken, ohne Zustimmung der jeweiligen Gemeinden Ställe und andere Betriebsgebäude in der freien Landschaft zu bauen. Die Forderung zielt insbesondere auf "industrielle Großmast- und Zuchtbetriebe mit enormem Flächenbedarf", wie der Gemeindetagschef und Abensberger Bürgermeister Uwe Brandl (CSU) sagt. "Solche Betriebe sollten nicht privilegiert werden, da sie nicht mehr der ursprünglichen Vorstellung von Landwirtschaft entsprechen." Die Bauern und die CSU lehnen den Vorstoß ab.
Die Forderung ist einigermaßen erstaunlich. Zwar gab es in der Vergangenheit wiederholt Initiativen, die sogenannte Privilegierung der Landwirtschaft zu begrenzen. Aber sie wurde bisher nur von Umwelt- und Tierschützern vorgebracht. Zuletzt hatte Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) 2016 eine solche Initiative gestartet. Sie wollte damit die schädlichen Auswirkungen der Massentierhaltung auf Gewässer, Luft, Klima und Böden eindämmen. Den Flächenfraß hatte Hendricks' Initiative, die schnell am Widerstand von Bauernverband und CDU/CSU scheiterte, nicht im Visier. Der Vorstoß des Gemeindetags ist auch noch aus einem anderen Grund erstaunlich. Der Verband vertritt in der Hauptsache die kleinen Kommunen in den ländlichen Regionen Bayerns. Und die gelten für gewöhnlich als treue Verbündete der Bauern. Bisher haben sie es stets vermieden, sich mit ihnen anzulegen.
Zumindest was den Bau neuer Großställe in der freien Landschaft anbelangt, soll damit Schluss sein. "Moderne Großställe sehen nicht nur aus wie Industriehallen", heißt es aus dem Gemeindetag, "sie beanspruchen viel Grund und haben so Anteil am Flächenfraß und der Zersiedelung unserer Kulturlandschaft." Auch in den ländlichen Regionen stehe die Bevölkerung dem immensen Flächenverbrauch immer kritischer gegenüber; deshalb "müssen eben auch landwirtschaftliche Projekte unter die Lupe genommen werden". Gemeindetagspräsident Brandl legt freilich Wert darauf, dass es nur um "industrielle Großmast- und Zuchtbetriebe" gehe, also Ställe für mehr als 15 000 Legehennen, 30 000 Masthähnchen, 15 000 Puten, 1500 Schweine oder 600 Rinder. "Bäuerliche Familienbetriebe sollen weiter im Außenbereich siedeln und leben dürfen", sagt er.
Die CSU lehnt die Initiative ab. "Der Flächenverbrauch lässt sich nicht drosseln, indem man die Privilegierung einschränkt", sagt Ex-Parteichef Erwin Huber. Der Wirtschaftspolitiker beschäftigt sich intensiv mit dem Thema Flächenfraß. "Es ist ja nicht so, dass die Bauern bauen können, wie sie wollen. Jedes privilegierte Projekt wird genau geprüft." Auch der Bauernverband übt harte Kritik. "Um vom immensen Flächenverbrauch abzulenken, wird zum Angriff auf die Tierhaltung und die Privilegierung landwirtschaftlichen Bauens geblasen", sagt Generalsekretär Georg Wimmer. Die Privilegierung sei notwendig, die Bauern könnten in den Orten selbst meist keine neuen Ställe und andere Betriebsgebäude mehr bauen.