Impfempfehlung:Ärzte kritisieren Söders Druck auf Stiko

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Von Dietrich mittler, München

Bayerns größte Ärzteorganisationen haben sich am Dienstag dagegen verwahrt, dass von politischer Seite Druck auf die Ständige Impfkommission (Stiko) ausgeübt wird, ihre Impfempfehlung bezüglich der Kinder und Jugendlichen zu revidieren. "Die Bayerische Landesärztekammer (BLÄK) und die Kassenärztliche Vereinigung Bayerns (KVB) pochen auf die Unabhängigkeit der Stiko", heißt es in einer gemeinsamen Erklärung. Die Kritik von Kammerpräsident Gerald Quitterer und KVB-Chef Wolfgang Krombholz richtet sich insbesondere gegen Ministerpräsident Markus Söder (CSU), ohne diesen direkt beim Namen zu nennen. Söder hatte in einem Interview von BR "Kontrovers" erklärt, er schätze die Stiko, doch bei ihr handele es sich um eine "ehrenamtliche Organisation", während bei der Europäischen Zulassungsbehörde für die Beurteilung und Überwachung von Arzneimitteln "Profis" tätig seien. Und diese hätten den Impfstoff von Biontech auch für Personen unter 18 Jahren zugelassen. Hintergrund des gegenwärtigen Dissenses: Die Ständige Impfkommission empfiehlt bislang Corona-Impfungen bei Kindern und Jugendlichen von zwölf bis 17 Jahren nur in Ausnahmefällen - etwa dann, wenn sie "aufgrund von Vorerkrankungen ein erhöhtes Risiko für einen schweren Verlauf der Covid-19-Erkrankung haben". Söder hatte die Stiko aufgefordert, ihre Haltung zu überdenken - auch mit Blick auf die Zeit nach den Sommerferien, wenn Bayerns Schüler an die Schulen zurückkehren und dann womöglich "hohe Infektionszahlen" drohen.

Quitterer und Krombholz kritisieren zudem die von Söder als "Impfen to go" angekündigte Aktion, auch an "ungewöhnlichen Orten" Impfmöglichkeiten anzubieten. "Bei aller möglichen Werbewirksamkeit sind auch bei einem niederschwelligen Impfangebot die Sorgfaltspflicht in den Aufklärungsgesprächen zwischen Arzt und Patient, die nötigen Hygienestandards und Notfallkonzepte einzuhalten", mahnte Quitterer. Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) wies die Kritik zurück: Viele würden sich augenblicklich in einer falschen Sicherheit wiegen. "Diese Menschen wollen wir mit niederschwelligen Angeboten in ihrem Alltag erreichen", sagte er. Beim "Impfen überall & jederzeit" würden alle Sicherheits- und Hygienestandards gewahrt.

© SZ vom 21.07.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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