Ilse Aigner:Die Ministerin, die sich selbst im Weg steht

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Aigners Energiekonzept wurde von der Opposition schon zerpflückt, als es noch nicht einmal öffentlich vorgestellt war. (Foto: dpa)

Das Energiekonzept spiegelt Wirtschaftsministerin Ilse Aigners Persönlichkeit.

Kommentar von Wolfgang Wittl

Für alle in der CSU, die ihre Hoffnungen auf Ilse Aigner setzen, waren die vergangenen Tage wieder einmal zum Verzweifeln. Die Wirtschaftsministerin wollte - so jedenfalls war es angedacht - am Donnerstag im Landtag einen großen Aufschlag mit ihrem neuen Energiekonzept hinlegen. Stattdessen war ihr Papier schon zerrupft, ehe sie in der Ausschusssitzung den ersten Satz gesprochen hatte. Die Verantwortung für diesen Pleiten-, Pech- und Pannen-Reigen trägt nur eine: Aigner selbst.

Wohlgemerkt: Am Donnerstag sollte die Präsentation stattfinden. Bereits am Wochenende aber liefen die Grundzüge des Konzepts über den Agenturticker - offensichtlich gespeist von Quellen aus Aigners Haus. Es ist nicht ungewöhnlich, dass Inhalte vorab an Medien weitergereicht werden, um größere Aufmerksamkeit zu erzielen. Aber dann sollte der Auftritt sitzen. Und nicht im Fiasko enden.

Das Papier spiegelt Aigners Persönlichkeit

Aigner erweckte den Anschein, als würde sich der Anteil der erneuerbaren Energien in den kommenden zehn Jahren auf 70 Prozent verdoppeln. Tatsächlich steigt er nur um ein paar mickrige Prozentpunkte, wenn man die Leistung der Kernkraftwerke schon jetzt herausrechnet. Für ihre Gegner eine dankbare Vorlage. Am Dienstag, nach einer für sie unerfreulichen Kabinettssitzung, lavierte Aigner mit dem Hinweis, Details würden erst donnerstags vorgestellt. Genauso rechtfertigte sie sich in einer "Aktuellen Stunde" vor der Opposition. Es entstand das Bild einer Ministerin in der Defensive, die keine Argumente hat.

Nun liegt das Konzept vor: Es ist eine ehrlichere Fortschreibung des Programms von 2011, das zu dick aufgetragen war. Ein Papier, das Aigner in ihrer Persönlichkeit abbildet: Auf Konsens statt auf Konfrontation ausgerichtet, es lieber vielen recht machen als für seine Position anzuecken, zu wenig ambitioniert für höchste Ziele. Wieder eine Chance zur Profilierung vertan - wie vor Monaten, als sie dem Ministerpräsidenten in der Trassenfrage nicht die Stirn bot.

Ein solides Konzept, wenngleich ohne großen Ehrgeiz? Nicht einmal dieser Eindruck bleibt. Stattdessen der von einer Ministerin, die erst getrickst hat und die sich selbst im Weg steht. Horst Seehofer sagt zu alldem bislang nichts. Es ist wohl die größtmögliche Rücksichtnahme, die er seiner Ministerin erweisen kann.

© SZ vom 23.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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