Firma aus Freyung:Kameraobjektive aus dem Bayerwald für das ganz große Kino

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Der Reinraum ist das Herzstück des Unternehmens. Hier herrscht fast vollständige Dunkelheit. Gearbeitet wird mit Schutzanzügen, um keinerlei Verschmutzung auf den Linsen zu verursachen. (Foto: IB/E Freyung)

Die kleine Firma IB/E Optics aus Freyung entwickelt Kameraobjektive, die in Oscar-Filmen zum Einsatz kommen. Warum er am Bild erkennen, ob seine Linsen vor der Kamera waren, erklärt der Produktionsleiter.

Von Laura Lehner, Freyung

Nur eine Personenschleuse führt in den fast vollständig abgedunkelten Raum. Die Luft im Innern der Dunkelkammer ist ionisiert. Menschen arbeiten in weißen Ganzkörperanzügen, auch ihre Köpfe sind durch Hauben bedeckt. Der Reinraum im Keller der Firma IB/E Optics in Freyung ist eines der Merkmale, die das Unternehmen im Bereich der Herstellung optischer Systeme auf dem Weltmarkt konkurrenzfähig macht. 50 Mitarbeitende entwickeln, produzieren und vertreiben am Standort Freyung Kameraobjektive, die auf der ganzen Welt zum Einsatz kommen.

"Ein Objektiv ist das kreative Werkzeug für den Kameramann", erklärt Markus Krenn, Leiter der Produktion bei IB/E. Der Filmende kann durch Justierungen am Objektiv eine Vielzahl an Einstellungen vornehmen. Durch das Öffnen und Schließen der Blende könne beispielsweise die Helligkeit reguliert werden, auch das Fokussieren auf das gewünschte Objekt erfolge am Objektiv. Die Brennweite, ebenfalls durch das Objektiv bestimmt, beeinflusse die Winkelgröße, mit der gefilmt werde.

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Einer jener Kameramänner, die ein solches "Werkzeug" nutzen, ist der Brite James Friend. Für die Aufnahmen von Filmszenen des Kinofilms "Im Westen nichts Neues" nutzte er Kameraobjektive, die in Freyung bei IB/E designt und gefertigt wurden - und erhielt dafür den Oscar in der Kategorie "beste Kamera". Doch nicht nur für die Aufnahme aus dem Antikriegsdrama wurden Kameraobjektive von IB/E genutzt. Auch in Filmen wie "James Bond", "The Revenant", "Passengers" oder der Netflix-Serie "Jeffrey Dahmer" kamen die Objektive schon zum Einsatz.

Oft genug aber bekommt die Firma gar nicht mit, was mit den Objektiven später gedreht wird. Sie arbeiten für Kunden und meist ungefähr zwei Jahre im Voraus. Beim Fernsehen zu Hause erkenne er aber Filmszenen, bei deren Dreh die Objektive der Firma genutzt wurden, behauptet Krenn: "Das ist die Wirkung der Bilder, das Flare und die Lichteffekte." Etwa die Hälfte der in Freyung produzierten Objektive sei für den Einsatz in der Kinobranche vorgesehen.

Andere kamen zuletzt zum Beispiel bei Werbespots für McDonald's, Häagen-Dazs oder Dr Pepper zum Einsatz, sowie bei Musikvideos von Ellie Goulding oder Sam Smith. Aber auch in der Automobilbranche, zum Beispiel bei BMW oder Porsche, sowie der Luft- und Raumfahrttechnik würden die niederbayerischen Objektive verwendet. Sogar im Alltag könne man auf sie stoßen - zum Beispiel im Medizinbereich, bei einer Endoskopie oder bei der Zahntechnik. Dass Objektive aus Freyung in derart vielen Branchen und Ländern verwendet werden, geht vor allem auf den Einsatz von Geschäftsführer Klaus Eckerl zurück. Der studierte Diplomingenieur gründete vor etwas mehr als 30 Jahren das "Ingenieursbüro Eckerl", kurz IB/E.

Geschäftsführer Klaus Eckerl bei der Arbeit: Er hatte bereits in seiner Jugend ein Fotolabor. (Foto: IB/E Freyung)

Der im schwäbischen Illingen geborene, aber nach eigener Aussage "genetische Niederbayer", begeisterte sich schon in seiner Jugend für die Fotografie. Er war im Ort bekannt als derjenige, der immer auf Festen und Hochzeiten fotografierte. Zu Hause hatte er ein eigenes Fotolabor, war aber auch sonst ein kreativer Kopf, der sein Studium mit Kabarett und Musik finanzierte. Irgendwann aber habe er sich entscheiden müssen: "Mache ich damit weiter oder mach ich doch was Vernünftiges?"

Eckerl entschied sich für das "Vernünftige". Zunächst in der eigenen Garage, später im Enna Werk in München, arbeitete Eckerl in der Projektion, im Design und in der Produktion von Zoomobjektiven sowie an Kunststoffspritzguss für Diaprojektoren. 2001 gründete er schließlich seine eigene GmbH. Er kenne jeden Arbeitsschritt, jeden Bereich der Firma, die ganze Bandbreite, sagt Eckerl. "Zum Leidwesen meiner Angestellten", fügt er mit einem Zwinkern hinzu. Die Leidenschaft für Optiken liegt in der Familie. Klaus Eckerls Bruder Uwe leitet die Abteilung "Entwicklung" von Optik, Mechatronik und Elektrotechnik der Objektive. 2012 zog die Firma von Hutthurm in die eigenen Räume nach Freyung. Hier durchläuft ein Objektiv den gesamten Produktionszyklus und damit auch den Reinraum im Keller - das Herzstück der Firma.

Staub, Schmutz oder Hautschuppen dürfen nicht auf die Linse

Kein Staub, Schmutz, keine Haare oder Hautschuppen dürfen auf die Linsen gelangen. Sie könnten die Qualität der Bilder trüben. Im Reinraum, in dem die Linsen zusammengefügt werden, tragen die Mitarbeiter deshalb spezielle Reinraumanzüge, Material wird nur durch eine Schleuse in den Raum gebracht. Und die Luft ist ionisiert. Das reduziert die Ladung der einzelnen Linsen und verhindert, dass sich Staub auf ihnen absetzt. Der Raum ist außerdem fast vollständig abgedunkelt, so werden Details auf den Linsen sichtbar, die bei Tageslicht nicht zu sehen sind. Nicht jede Firma nutze bei der Fertigung von Objektiven derart aufwändige Verfahren wie eine Fertigung in Reinräumen, sagt Krenn. "Aber das hebt uns eben von anderen ab."

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Eine weitere Besonderheit des Unternehmens ist die eigene Hausteilfertigung. Hier werden später verbaute Materialien selbst hergestellt. Die Firma bediene einen Nischenmarkt, sagt Krenn: "Deshalb können wir nicht mal schnell jemanden anrufen und eine Anlage bestellen. Daher entwickeln wir sogar unsere eigenen Geräte." Eine dieser eigens hergestellten Maschinen ist eine Anlage zur messgestützten Justage an Optiken. "Wenn man es selber macht, bleibt man am flexibelsten und unabhängig von Dritten." In der Montage - der größten Abteilung der Firma - werden die Mechanik- und Optikzellen schließlich zusammengebaut. Die Teile "verheiraten" nennt Krenn diesen Vorgang. Neben Objektiven stellen die Mitarbeiter auch verschiedene Effektfilter für Linsen her. Diese können Details, Reflexe und Flares bei Aufnahmen hinzufügen, zum Beispiel Sonnenstrahlen.

Zwischen neun und zwölf Monate dauere es meist von der Entwicklung bis zum fertigen Produkt. Das liege vor allem an der Präzision, die bei der Herstellung gefordert sei. "Wir machen keine Fließbandarbeit, es ist mehr eine Manufaktur." Fertige Produkte werden im Showroom des Unternehmens getestet. Hier stehen verschiedene Lichtquellen und Kameraapplikationen, die den Einsatz der Objektive in der Filmwelt simulieren.

Geschäftsführer Klaus Eckerl sorgt sich um seine Nachfolge

Was gefragt ist, hat sich in den dreißig Jahre, die Eckerl schon im Geschäft ist, immer wieder verändert. Aktuell sei ein "Old-Glass-Look" voll im Trend, erzählt er, ein Farbfilter ist das, der Aufnahmen einen warmen Touch gibt. Auch beim Oscar-prämierten Film "Im Westen nichts Neues" zeichnete ein solcher Effektfilter die Aufnahmen weich.

Mit der Zeit gehen will Eckerl auch in seiner Firmenzentrale in Freyung. Er plant, das bestehende Gebäude erneut zu vergrößern. Dann könne bei IB/E zukünftig auch eine eigene Glasfertigung untergebracht werden. Gedanken macht sich der 63-Jährige derzeit auch über seine eigene Zukunft. "Ich habe die Herausforderung, dass ich keine Kinder habe. Das ist ein Thema, das mich in Hinblick auf die Nachfolgeregelung umtreibt."

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