Huml setzt sich durch:Pflegekräfte tun sich zusammen

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Neue Vereinigung wählt Vorstand, Kritiker bezweifeln Relevanz

Von Dietrich Mittler, München

Allen Protesten zum Trotz hat Bayerns Gesundheits- und Pflegeministerin Melanie Huml nun ihr Ziel erreicht, für die Pflegekräfte im Freistaat eine neue Interessenvertretung zu etablieren. Am späten Dienstagnachmittag traf in München erstmals der Gründungsausschuss der "Vereinigung der Pflegenden in Bayern" zusammen, um einen vorläufigen Vorstand sowie ein Präsidium zu wählen. Beide sollen die neue Körperschaft des öffentlichen Rechts nach außen hin vertreten. Erst dann, so hieß es aus dem Ministerium, sei die neue Vereinigung der Pflegenden auch rechtlich handlungsfähig. Zudem sollen die 25 Mitglieder des Gründungsausschusses - Pflegekräfte aus verschiedenen Regionen Bayerns - eine vorläufige Satzung für die neue Körperschaft beschließen, die einmal die Interessen von mehr als 100 000 Pflegenden im Freistaat vertreten soll. "Wer sich engagiert um andere Menschen kümmert, muss selbst in der Gesellschaft Gehör finden", warb die Ministerin unter Bayerns Pflegekräften - und für dieses Ziel sei die neue Vereinigung genau das richtige Instrument.

Das aber sehen die Befürworter einer Pflegekammer anders. Auf keinen Fall bewege sich Humls Vereinigung auf Augenhöhe mit einer Ärztekammer oder anderen Kammern aus dem Gesundheitsbereich. "Die Vereinigung der Pflegenden ist und bleibt ein Etikettenschwindel", kommentierte Franz Wagner, der Präsident des Deutschen Pflegerats, das Zusammenkommen der Gründungskommission. Humls Konstrukt sei nicht mehr als "ein loser Interessenverband", mailte Wagner aus Berlin. Der Vereinigung fehle es zudem an der notwendigen Unabhängigkeit, da sie aus dem Staatshaushalt finanziert werde. Nie könne ein solcher Verbund die einer starken berufsständischen Pflegekammer zugeschriebenen Aufgaben erfüllen. Huml konterte: Die neue Körperschaft könne die Interessen der Pflegenden sehr wohl "wirksam vertreten". Die Entscheidungsorgane der Körperschaft würden ausschließlich mit Pflegekräften besetzt sein. Auch könnten nur Pflegekräfte und deren Berufsverbände Mitglieder der Vereinigung werden.

Die neue Körperschaft soll nun möglichst zügig in die Gänge kommen. "Spätestens mit Inkrafttreten der Satzung kann die Vereinigung der Pflegenden in Bayern mit ihrer Arbeit beginnen", hieß es seitens des Pflegeministeriums. Von diesem Zeitpunkt an könnten Mitglieder aufgenommen werden, Beschlüsse gefasst und weitere Wahlen abgehalten werden. In einem Jahr spätestens müsse sodann eine erste Mitgliederversammlung oder eine Delegiertenversammlung einberufen werden.

Klar ist allerdings auch, dass viele profilierte Köpfe der bayerischen Pflegeszene die neue Vereinigung boykottieren. In der sogenannten Irseer Erklärung hat der Bayerische Landespflegerat bereits deutlich gemacht, dass seine aktive Mitwirkung im Gründungsausschuss der Vereinigung ausgeschlossen sei.

© SZ vom 25.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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