Hausverbot:Gasköpfe-Posse

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Robert Höschele, Neuburger Kandidat für den Stadtrat, wittert ein Manöver gegen seine Person - weil er, seit er 2015 aus Ingolstadt in die 30 000-Einwohner-Stadt gezogen ist, als "Querkopf" aufgefallen sei. (Foto: Privat)

CSU-Mann Robert Höschele soll sich abwertend über Neuburg und die Einwohner geäußert haben - und erntet offene Anfeindung

Von Johann Osel, Neuburg an der Donau

Er hat sich quasi in die Höhle des Löwen gewagt, vergangenes Wochenende beim 40. Jubiläumsball der Neuburger CSU. Auf deren Stadtratsliste steht Robert Höschele zwar weiter, auf dem vorletzten Platz, Nummer 29, gut gelitten ist der Betriebswirt bei den Parteifreunden aber nicht mehr. Man will ihn am liebsten von der Liste kegeln, nachdem er bei einem Wahlkampfabend die Stadt und deren Bürger übel beschimpft haben soll. Er bestreitet freilich die Äußerungen - und will nicht weichen. Der Ballbesuch aus Trotz? Nein, sagen Höschele und seine Gattin: Sie gehen eben gerne auf Bälle, hatten zusammen mit zwei befreundeten Paaren längst die Karten fürs Spektakel. Da gab es Tanz und Musik, ein "gelenkiges Funkenmariechen", wie die Lokalpresse notiert, eine Tombola mit riesigen Brotlaiben und Golfstunden. Und es gab giftige Blicke für die Höscheles - ihnen gut bekannte Mitbürger und Mitstreiter hätten nicht mal zurückgegrüßt.

Was war passiert? Vergangene Woche stellten sich CSU-Kandidaten im Dorf Bergen vor, weit außerhalb des Zentrums der Fast-30 000-Einwohner-Stadt. Oberbürgermeister Bernhard Gmehling (CSU) war auch da. Alles angeregt, aber friedlich. Bis zu letzten Gesprächen im kleinen Kreis, kurz vorm Heimweg, Höschele redete mit einer Frau. Thema: der geplante Campus, eine Außenstelle der Technischen Hochschule Ingolstadt. Später teilte die 25-Jährige der CSU-Geschäftsstelle mit, Höschele habe zur Attraktivität der Stadt gesagt: Neuburg sei ein "Provinzloch", in dem "35 000 Gasköpfe" leben. Höschele entgegnet: Er wisse sehr genau, dass Neuburg "29 000 und ein paar Hundert" Einwohner habe, wieso sollte er also eine falsche Zahl angeblicher "Gasköpfe" nennen. "Ich mag diese Stadt und die Leute." Ja, von "Provinz" habe er gesprochen. Es sei etwa darum gegangen, dass man nicht "Professoren aus Harvard einfangen und an die Neuburger Burg anketten" könne.

Die Diskussion endete offenbar hitzig, samt Hausverbot für Höschele in dem Vereinsheim. Es sei nun mal "bayerische Urart, offen zu reden, wenn die Großkopferten weg sind". Die Vorwürfe aber stimmten so nicht, von ihnen habe er erst durch den Anruf eines Reporters erfahren; die CSU habe ihn gar nicht kontaktiert. Inzwischen habe er Anzeige gegen die Frau erstattet, wegen Verleumdung. Aussage gegen Aussage, ein nebulöses Lagebild.

Sehr rasch hatte sich die CSU via Pressemitteilung von ihrem Stadtratsbewerber distanziert: "Das ist nicht unsere Meinung und nicht unser Stil. Wir bitten alle, die sich durch Herrn Höscheles Verhalten gekränkt fühlen, um Verzeihung." Weil es unmöglich sei, jemanden von der offiziell eingereichten Liste zu nehmen, habe man ihn zum Rücktritt aufgefordert. Höschele denkt gar nicht daran, sieht eine "Hexenjagd" - er sei nicht mal angehört worden mit seiner Sicht der Dinge, ein Brief an die CSU-Landesleitung in München sei unbeantwortet geblieben. Bei der Geschäftsstelle in Neuburg wollte auf Anfrage der Süddeutschen Zeitung vom Mittwoch niemand Auskunft geben. Klar ist: Höschele gehört nicht mehr zum Team. Symptomatische Szene auf dem Ball: Der "Kandidatenchor", dirigiert vom OB, sang ohne ihn.

Die Neuburger Rundschau schreibt von "Chaos" in der CSU, Höschele berichtet eher von Chaos in seinem Leben. Die Posse scheint zu eskalieren. "Es läuft alles total aus dem Ruder." Der gebürtige Usbeke, 50, zieht Vergleiche zur "Breschnew-Zeit" und wittert gar ein Manöver gegen seine Person - weil er, seit er 2015 aus Ingolstadt hergezogen ist, als "Querkopf" mit kritischen Fragen aufgefallen sei. Berufliche Pläne, Ehrenamt, der Alltag der Familie - alles stehe auf der Kippe. "Wir möchten nicht wegziehen." Die Ehefrau sagt, ihr sei in einem Laden geraten worden, woanders einzukaufen - "schlecht fürs Geschäft". Jemand habe ihnen einen Bibelvers zugesendet: "Und wer der Kleinen einen ärgert, die an mich glauben, dem wäre es besser, daß ihm ein Mühlstein an seinen Hals gehängt und er ins Meer geworfen würde."

© SZ vom 07.02.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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