Gutachten:Zu viel Wild im Wald

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Grünen fordern, dass die Jäger mehr Rehe und Hirsche erlegen

Von Christian Sebald, München

Die Landtags-Grünen fordern, dass Staatsregierung und Jagdbehörden richtig Druck auf die Jäger machen, damit sie mehr Wild schießen. Denn in den bayerischen Wäldern wachsen zwar immer mehr Laubbäume - auch wenn man es im Winter nicht so gut erkennt, weil Buchen, Ahornbäume und die anderen Laubbäume dann ja keine Blätter tragen. Aber trotz aller Fortschritte kommen viele Bäumchen nicht recht hoch, vor allem junge Eichen, aber auch junge Tannen. Der Grund: Es leben zu viele Hirsche, Rehe und im Gebirge auch Gämsen im Wald. Für sie sind die Triebe junger Bäume Leckerbissen. Deshalb fressen sie viele Bäumchen so zusammen, dass sie verkümmern. "Der Wald hat zentrale Bedeutung für den Schutz von Klima, Wasser, Luft und Boden", sagt der Grünen-Abgeordnete und Förster Markus Ganserer. "Deshalb dürfen die Staatsregierung und die Jagdbehörden die hohen Schäden nicht länger hinnehmen."

Der Streit um den Wald und das Wild währt seit Jahrzehnten. Vielerorts beschweren sich die Jäger, dass sie immer weniger Wild zu Gesicht bekommen. Waldbesitzer und Förster beklagen indes, dass immer üppigere Wildbestände in den Wäldern leben, die Jäger also zu wenig Wild erlegen. So hitzig der Streit bisweilen an Stammtischen und in Versammlungen ausgefochten wird, seit 1986 gibt es einen objektiven Maßstab: die Forstlichen Gutachten. Für die Analysen, die alle drei Jahre erstellt werden, schwärmen Tausende Förster, Jäger und Waldbesitzer in die Wälder aus und begutachten nach exakt definierten Kriterien, wie hoch der Anteil der Bäumchen ist, über die sich das Wild hermacht, welche Arten es bevorzugt und welche es eher verschmäht. Auch beim Gutachten 2015 waren die Ergebnisse wieder sehr durchwachsen. Zwar gab es Zeiten, in denen der Verbiss noch schlimmer war. Aber nach wie vor ist er in 47 Prozent der 762 Hegegemeinschaften in Bayern zu hoch - in fast der Hälfte der regionalen Einheiten also, zu denen die vielen tausend Jagdreviere im Freistaat zusammengefasst sind. Die Schlussfolgerung der Gutachter war eindeutig: Viele Jäger müssen mehr Wild schießen.

Weil aber schon in der Vergangenheit Empfehlungen und Appelle wenig fruchteten, verlangen die Grünen, dass Staatsregierung und Jagdbehörden den Druck erhöht auf die Jäger. So will Ganserer Hegegemeinschaften, die über Jahre hinweg zu wenig Wild schießen, mit Zwangsgeldern belangen. Außerdem sollen solche Hegegemeinschaften zum sogenannten körperlichen Nachweis verpflichtet werden. Das heißt, dass die Jäger das erlegte Wild oder Teile davon den Jagdbehörden präsentieren müssen und damit nachweisen, dass sie wirklich willens sind, die Vorgaben zu erfüllen. Denn Experten sagen immer wieder, dass es vielen Jägern in Wirklichkeit darum gehe, möglichst viel Wild im Revier zu haben, statt es zu jagen. Angeblich gibt es sogar welche, die den Behörden Wildtiere als erlegt melden, auf die sie nie geschossen haben, um die Vorgaben zu umgehen. In der Szene gibt es dafür das Wort "Postkartenabschüsse".

© SZ vom 12.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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