Großweil:Gefürchteter Pankratius

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Der heilige Pankratius war ein römischer Märtyrer der frühen christlichen Kirche. (Foto: Joachim Köhler/ oh)

Eisheilige und andere Unbill im Freilichtmuseum Glentleiten

Von Hans Kratzer, München

In seinem 1855 erschienenen Buch "Aus dem Lechrain" beschreibt Karl von Leoprechting unter anderem die Wettergefahren im Monat Mai: "Pankratius, Servatius, Bonifatius. Diese drei Tage sind mit Grund sehr gefürchtet. Der Reif zerstört um diese Zeit oft die Hoffnungen für gar mancherlei Ernte."

Die drei Eisheiligen sind eine Besonderheit des deutschen Klimas: Wenn alles blüht und sprießt, verursachen Nachtfröste oft schwere Ernteschäden. Im vorigen Jahr litten vor allem die Apfel- und Kirschbäume, als das Thermometer an einem Frühlingsmorgen minus acht Grad anzeigte. In diesem Jahr traten die Fröste Ende April auf, da stand aber erst ein kleiner Teil der Obstbäume in Blüte. Unzählige Bauernregeln und Wettersprüche belegen dieses späte Frostphänomen. Die Gedenktage der Märtyrer Pankratius, Servatius und Bonifatius (12., 13. und 14. Mai) sind seit jeher gefürchtet.

Nach altem Volksglauben wird das Frühlingswetter erst mit Ablauf der "kalten Sophie" (15. Mai) milde und stabil: "Pflanze nie vor der kalten Sophie!" Sie zählt aber nur in Süddeutschland zu den Eisheiligen. In Norddeutschland gilt Mamertus (am 11. Mai) als erster Eisheiliger.

In der Meteorologie gelten die Eisheiligen als eine Singularität. So werden Witterungsereignisse genannt, die im Jahreslauf einigermaßen regelmäßig auftreten. Auch die Schafskälte zählt zu dieser Kategorie. Begleitet von Schauerwetter, prägt sie häufig die erste Junihälfte, hat aber für die Landwirtschaft meistens keine negativen Folgen.

Viele Bauernregeln beruhen auf der Vorhersagbarkeit von Wetterkapriolen. Die Bauern hatten sich schon im frühen Mittelalter danach gerichtet. Es gibt Bauernregeln, die eine erstaunlich hohe Trefferquote erzielen, ungeachtet der aktuellen Klimaerwärmung. Das Wetter am Siebenschläfertag, 27. Juni, prägt demnach die Wetterlage der folgenden Wochen, eine Regel, die nach Aussagen von Meteorologen in Bayern mit einer Wahrscheinlichkeit von 70 Prozent zutrifft.

Dass mancher Spruch nicht mehr passt, liegt auch an der Reform von Papst Gregor XIII., bei der im Jahr 1582 zehn Kalendertage gestrichen wurden. Viele Wetterregeln stammen aber aus der Zeit vor dem Gregorianischen Kalender, auch die der Eisheiligen. So ist es zu erklären, dass es in den Tagen vom 21. bis zum 23. Mai überdurchschnittlich oft abkühlt, während die Eisheiligen wie ehedem im Julianischen Kalender den 12. bis 15. Mai betreffen.

Auch in dieser Woche werden auf dem Land, wie immer in der Woche von Christi Himmelfahrt, Bittgänge und Flurprozessionen abgehalten, um Schutz vor Frost, Hagel und Unwetter zu erflehen. Als noch 80 Prozent der bayerischen Bevölkerung von der Landwirtschaft lebten und dem Boden unter harten Bedingungen das tägliche Brot abrangen, da zogen Wetterkatastrophen Teuerung und Not nach sich. Bittgänge zählten zu den wenigen Schutzmaßnahmen, die man selber erfüllen konnte. Die heutige Agrarindustrie vertraut indessen weniger auf die himmlischen Mächte als auf die Märkte, die Chemie und staatliche Subventionen.

Die Ausstellung "Gutes Wetter - schlechtes Wetter" im Freilichtmuseum Glentleiten in Großweil befasst sich mit den hiesigen Wetterphänomenen. Bis 28. Juni, Di-So 9-18 Uhr. Telefon: 08851/1850.

© SZ vom 11.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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