Großbrand in Altstadt von Coburg:Die Spur des Feuers

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13 Menschen verletzt, acht denkmalgeschützte Häuser schwer beschädigt - und der Schaden geht in Millionenhöhe: Zwei Tage nach dem verheerenden Feuer in der historischen Coburger Altstadt rätseln die Ermittler noch immer, wie es zu dem Brand kam.

Katja Auer und Olaf Przybilla

Es war halb sieben in der Früh am Pfingstsonntag, als Ernst Kienel herausgeklingelt wurde. Was er "jetzt schon wieder angestellt" habe, dachte er sich, bis er merkte, dass sein Rat gefragt ist. Kienel ist Kreisheimatpfleger in Coburg, er kennt die Häuser in der Herrngasse. Aus dem 16. Jahrhundert stammen sie, im 18. Jahrhundert sind sie überarbeitet worden, bekamen neue Dächer, klassizistische Fassaden. Vieles davon ist am Pfingstsonntag vernichtet worden.

Bei einem Großbrand in der Coburger Altstadt sind acht dieser denkmalgeschützten Häuser schwer beschädigt worden, darunter auch das Puppenmuseum. 13 Personen wurden leicht verletzt. Das Feuer war offenbar im Dachstuhl eines Gebäudes ausgebrochen, einen Steinwurf entfernt vom restaurierten Marktplatz. Es entstand ein Millionenschaden.

Eine Frau hatte am Sonntag eine Stunde nach Mitternacht einen brennenden Dachstuhl entdeckt. Als die Feuerwehr eintraf, hatten die Flammen bereits auf das benachbarte Ensemble übergegriffen. Die Herrngasse ist nicht nur geprägt von alter Bausubstanz, mit stark brennbaren Materialen: Fachwerk, Stroh und Lehm. Das historisch gewachsenen Ensemble gilt auch als äußert verwinkelt, es gibt Innen- und Hinterhöfe und kaum Brandschutzwände, sagt ein Sprecher der Coburger Feuerwehr - was das Löschen sehr erschwert habe.

Insgesamt 80 Anwohner mussten in der Nacht in Sicherheit gebracht werden. Die meisten von ihnen kamen bei Verwandten unter, für andere musste die Stadt Hotelzimmer anmieten, "was über Pfingsten gar nicht so leicht" gewesen sei, wie Coburgs Oberbürgermeister Norbert Kastner sagt.

Zumal Coburg schon zuvor ausgebucht war. In der Stadt fand am Wochenende der 144. Pfingstkongress des Coburger Convents statt, mehr als 3000 Mitglieder und Angehörige hielten sich dafür in der Stadt auf.

Der Convent ist ein Korporationsverband klassischer Studentenverbindungen, an mehr als 40 Hochschulorten gehören ihm farbentragende Verbindungen an - und der Pfingstkongress wird traditionell in Coburg ausgetragen.

Weil linksorientierte Gruppen Demonstrationen angemeldet hatten, sicherten am Wochenende Bereitschaftspolizisten das Zentrum ab. Was sich "als großes Glück" herausgestellt habe, sagt eine Polizeisprecherin. Denn mit Hilfe der Einsatzkräfte gelang es, die Anwohner schnell in Sicherheit zu bringen. Der Convent sagte am Sonntag geplante Festveranstaltungen ab, auch den Fackelzug.

Coburg
:Altstadt in Flammen

Ein Großfeuer hat am Wochenende in der Coburger Altstadt gewütet. Der Schaden geht wohl in die Millionenhöhe. Völlig unklar ist die Ursache des Brandes.

Dass es Auseinandersetzungen rivalisierender Gruppen gewesen sein könnten, die zum Feuer führte, dafür gebe es "keinen Hinweis", betonen die Ermittler. Umso mehr ging man zunächst Hinweisen nach, wonach vor Ausbruch des Feuers Feuerwerkskörper in den Gassen gezündet worden sein sollen.

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Dass diese den Brand auslösten, schlossen Ermittler inzwischen aber "definitiv" aus. Weil Glutnester auch am Montag noch Feuer zu fangen drohten, stehe man mit den Ermittlungen erst am Anfang.

Durch Löschwasser beschädigt wurde auch das Puppenmuseum, das Haus also, in dem der Dichter Friedrich Rückert von 1820 an sechs Jahre lang gelebt hatte. Das Gebäude, ums Eck gelegen, kann erhalten bleiben. Für die Häuser in der Herrngasse hoffen Baustatiker, dass zumindest die unteren Stockwerke zu retten sind.

Am Sonntag hatte Kreisheimatpfleger Kienel die Zwischengässchen begutachtet, weil die Einsatzkräfte wissen wollten, ob sie den Brand von dort bekämpfen könnten. Möglich war das nicht, dafür ist es zu eng in den Höfen. Besonders um das Puppenmuseum bangte Kienel. "Die Puppen sind zum Teil aus Wachs, die muss man schon vor Sonneneinstrahlung schützen." Den Einsatzkräften sei die Rettung aber großartig gelungen, sagt ein Stadtsprecher. Feuerwehrleute mit Puppenwagen dürften den Coburgern lange in Erinnerung bleiben.

Überhaupt loben alle die Besonnenheit der 40 Betroffenen. Ein Mann, der erst am Sonntagmorgen in Lederhose bekleidet von der Erlanger Bergkirchweih nach Hause kam, stand unvorbereitet vor seiner vernichteten Wohnung. "Sind ja nur materielle Verluste", sagte er.

Diese will Michael Stoschek, Vorsitzender der Gesellschafterversammlung des Automobilzulieferers Brose, nun lindern. Er kündigte eine Hilfe in Höhe von fünf Millionen Euro für die Brandopfer an. Gerade nach einer am Freitag verkündeten Entscheidung für den Firmenstandort Bamberg - zuungunsten Coburgs - wolle man deutlich machen, dass man sich "mit Coburg sehr verbunden" fühle.

© SZ vom 29.05.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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