Gesundheitspolitik:Kassenärzte kritisieren Online-Therapien

Lesezeit: 1 min

Von Dietrich Mittler, München

Die Kassenärztliche Vereinigung Bayerns (KVB) hat am Dienstag in München davor gewarnt, zu viel Vertrauen in sogenannte Online-Therapie-Angebote zu setzen. "Nicht überall, wo Psychotherapie draufsteht, ist auch Psychotherapie drin", sagte KVB-Vorstandsmitglied Claudia Ritter-Rupp. Die meisten Online-Angebote sowie auch Apps in diesem Bereich, "halten bei Weitem nicht das, was man sich unter einer Therapie verspricht", sagte sie. Eher handele es sich hierbei um Selbsthilfe-Programme. "Von zum Teil katastrophaler Qualität und ohne Datensicherheit", warnte Ritter-Rupp. Falsch angewendet, könnten sie im Einzelfall sogar für Patienten eine Gefahr darstellen. "Sie ersetzen keinesfalls den direkten und von Verantwortung getragenen Kontakt mit den ambulant tätigen ärztlichen und psychologischen Psychotherapeuten", ist sich Ritter-Rupp sicher. Einige Krankenkassen sähen aber offenbar in Online-Therapie-Angeboten die Möglichkeit, Kosten für Gesprächsleistungen einzusparen.

Zu diesen Befürchtungen kommen weitere hinzu - ein Indiz dafür, dass der Druck auf Bayerns niedergelassene Ärzte und Psychotherapeuten im zurückliegenden Jahr gewachsen ist. Kritik entzündet sich auch am beschlossenen Bettenausbau in Bayerns Krankenhäusern. "Dieser Beschluss des Krankenhaus-Planungsausschusses verwundert sehr, kommen doch diverse Gutachten zum Ergebnis einer punktuellen Überversorgung an Krankenhausbetten", sagte Pedro Schmelz, ebenfalls KVB-Vorstandsmitglied. Im Nachsatz betonte er, dass sehr wohl auch niedergelassene Ärzte (deren Interessen die KVB zu vertreten hat) jene ambulanten Leistungen durchführen könnten, die oft von Krankenhäusern übernommen würden.

Für Wolfgang Krombholz, den Vorstandsvorsitzenden der KVB, steht letztlich sogar die ärztliche Selbstverwaltung auf dem Spiel. Durch Regelungen aus Berlin werde sie "zunehmend entmachtet". Ein Beispiel sei etwa das vom Bundesgesetzgeber geplante Arzneimittel-Informationssystem. Darin sieht Krombholz vor allem eine Gefahr. "Die Krankenkassen wollen so einen intensiven Einblick in das Verordnungsgeschehen jeder einzelnen Praxis erhalten", sagte er. Es sei zu befürchten, dass sie "damit Einfluss auf die Therapiehoheit der Ärzte nehmen".

Massive Kritik übt die KVB auch an der von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) geplanten Erhöhung der Mindestsprechstundenzeit von 20 auf 25 Stunden. Spahn hatte die geplante Regelung damit begründet, dass gesetzlich Versicherte "oft zu lange auf Arzttermine" warten müssten. Das wolle er ändern. Für Krombholz ist Spahns Vorstoß in erster Linie aber "ein Eingriff in die Freiberuflichkeit und Selbstbestimmung der niedergelassenen Ärzteschaft".

© SZ vom 12.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: