Gesundheit:Datenrettung

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Klinik-Notaufnahmen kommen dank der Telematik künftig früher an Patientendaten heran. (Foto: Robert Haas)

Das Rote Kreuz stattet 1250 Fahrzeuge mit moderner Telematik aus. Sie funkt Daten ans Krankenhaus

Von Dietrich Mittler, München

Es war nachts um drei Uhr, als der Dachauer Rettungsdienstleiter Dennis Behrendt zu einer etwa 60- bis 65-jährigen Patientin im Landkreis gerufen wurde. Als Behrendt und ein weiterer Rettungsassistent des Bayerischen Roten Kreuzes (BRK) am Einsatzort eintrafen, wirkte die Patientin verwirrt. Sie konnte nicht mehr sprechen, der linke Arm hing herunter. "Alles Anzeichen für einen akuten Schlaganfall", sagt Behrendt. In solch einem Fall gibt es nur eins: Die Patientin muss schnellstens versorgt werden. "Je länger im Gehirn eine Durchblutungsstörung besteht, umso schlimmer sind die Folgeschäden - Behinderung, dauerhafte Einschränkungen, Tod", sagt er. Doch in diesem Fall sei alles optimal verlaufen, und zu verdanken sei dies auch dem neuen Telematik-System, mit dem nun alle 1250 Rettungsdienstfahrzeuge des BRK ausgestattet sind. Per mobiler Breitbandverbindung können Rettungskräfte so bereits am Einsatzort mit einem Tablet-PC alle notwendigen Patientendaten - wie etwa Blutdruck, Herzfrequenz und aktuelle Beschwerden - an die Notaufnahme jener Klinik weiterleiten, in welche die Patienten dann jeweils gebracht werden.

"Im konkreten Fall wurde umgehend der Dienst habende Neurologe geweckt", sagt Behrendt. Der Arzt konnte eine Computertomografie-Untersuchung vorbereiten, "um festzustellen, ob bei der Patientin Gehirnblutungen vorliegen". Das habe einen entscheidenden Zeitvorsprung ermöglicht. "Ohne unser neues System hätte unsere Patientin einiges länger auf die Behandlung warten müssen, und das hätte ihre Chancen verringert, dass sie ohne bleibende Schäden aus dieser Sache herauskommt", sagt Behrendt.

Am Freitag stellte das BRK das Telematik-System im oberbayerischen Agatharied offiziell vor. Noch gehört die Klinik dort nicht zum Kreis jener etwas mehr als 30 Krankenhäuser, die aktiv an das neue Daten-System des BRK angeschlossen sind. Das Haus soll nun aber zeitnah dazustoßen. Zunächst müssen indes die notwendigen Mittel noch vollends aufgebracht werden - für die technische Ausrüstung und für die Einweisung des Personals.

Genau dieses Problem ist aus Sicht der Bayerischen Krankenhausgesellschaft (BKG) mit ein Grund dafür, dass von den mehr als 300 Kliniken im Freistaat bislang erst 32 mitmachen. "Es kostet eben wieder einen Haufen Geld", sagte ein Sprecher der BKG auf Nachfrage, "und die Ausgaben werden nicht von den Kassen gegenfinanziert." Auch gingen offenbar einige Häuser davon aus, dass "der Zusatznutzen für die Patienten nicht so groß ist, wie es vielleicht erscheint". Zudem gebe es konkurrierende Systeme - etwa das, das die Münchner Feuerwehr einsetzt, um mit Kliniken die Kapazität an freien Behandlungsbetten abzuklären. Und es gebe in einigen Häusern noch Bedenken bezüglich des Datenschutzes.

Diese Bedenken kann Christoph Schneider, der BRK-Projektleiter für das Telematik-System, zwar verstehen. Sie ließen sich aber alle ausräumen, sagt er. Und was das Feuerwehr-System betreffe: "Da werden Äpfel mit Birnen verglichen. Dieses System ist gut, dient aber einem ganz anderen Zweck als unseres", sagt er. Florian Meier, der stellvertretende Landesarzt des BRK, glaubt fest an das neue System: "Das Datenprotokoll ersetzt die Zettelwirtschaft, damit geht es deutlich schneller, und es werden Fehler reduziert." So sehen das auch BRK-Präsident Theo Zellner und der BRK-Landesgeschäftsführer Leonhard Stärk: "Patienten können somit noch besser notfallmedizinisch betreut werden, wenn sie in die Klinik kommen", betonen sie einhellig.

© SZ vom 07.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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