Geschichte:General und Intrigant

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Vor 250 Jahren wurde der bayerische Feldmarschall Karl Philipp Fürst von Wrede geboren. Er war ein begabter Schlachtenlenker in den napoleonischen Kriegen - und großer Widersacher von Montgelas

Von Hans Kratzer, München

Ernestine von Montgelas (1779-1820) war eine höchst attraktive, bisweilen aber leichtlebige Frau, weshalb sich ihre Zeitgenossen kräftig das Maul über sie zerrissen haben. Ihrem Mann, dem damaligen bayerischen Superminister Maximilian von Montgelas, hat sie so manchen ehelichen Kummer bereitet, andererseits stand sie gerade in Zeiten der Krise in bemerkenswerter Weise zu ihm. Als Montgelas 1817 nach einem verlorenen Machtkampf jäh aus dem Staatsdienst entlassen wurde, verhängte der Hof auch über Ernestine ein Hausverbot. Sie hatte sich nämlich nicht gescheut, an der Hoftafel jene Männer, die den Sturz ihres Mannes betrieben hatten, lauthals als Schurken und Spitzbuben zu beschimpfen, allen voran den Kronprinzen und späteren König Ludwig I. und den Feldmarschall Karl Philipp Fürst von Wrede (1767-1838), einen hochdekorierten Kriegshelden, dessen Geburtstag sich an diesem Samstag zum 250. Mal jährt.

Ähnlich wie Montgelas haben auch Ludwig I. und Wrede das Land Bayern tief geprägt. Bis heute sind die Spuren, die sie hinterlassen haben, nicht verweht. 1972 wurde zum Beispiel die alte Will-Kaserne der Bundeswehr in München in Fürst-Wrede-Kaserne umbenannt. Überdies wurde Wredes Büste in die Ruhmeshalle auf der Theresienwiese in München aufgenommen.

Der 1806 vollzogene Aufstieg des Kurfürstentums Bayern zum Königreich wäre ohne den gebürtigen Heidelberger Wrede kaum denkbar gewesen. Dennoch klingen die Meinungen der Zeitgenossen über Wrede ambivalent. In den napoleonischen Kriegen des frühen 19. Jahrhunderts galt er als der fähigste bayerische General. Mit dem Sieg in der fünften Schlacht am Berg Isel bei Innsbruck am 1. November 1809 beendete Wrede den blutigen Aufstand der Tiroler gegen die bayerischen Besatzer.

Manchmal beeinflusste Wrede den Lauf der Geschichte aber auch eine Etage tiefer. München wäre niemals zum Isar-Athen geworden, hätte Wrede 1814 nach einer vermeintlichen Beleidigung nicht ein Duell zwischen den Kronprinzen und späteren Königen Ludwig I. und Wilhelm von Württemberg und damit den möglichen Tod des bayerischen Königs verhindert. Ein anderes Bild von Wrede zeichnete dagegen der General Christian von Zweibrücken, der 1806 den bayerischen König Max I. Joseph brieflich vor Wrede warnte, ihn einen Verschwender und Ehrgeizling nannte und ihn als militärisch unfähig abqualifizierte.

Ohne Intrigen, Machtspiele und Skrupellosigkeit wäre auch Wredes glänzende Karriere nicht möglich gewesen, zumal da er als Sohn eines pfälzischen Landschreibers für einen Aufstieg vom einfachen Hofgerichtsrat zum hochdekorierten Generalfeldmarschall und Fürsten nicht prädestiniert war. Im napoleonischen Feldzug gegen Russland anno 1812 stand die 30 000 Soldaten starke bayerische Streitmacht unter seinem Oberbefehl. Obwohl er kurz vorher von Napoleon in den Reichsgrafenstand erhoben worden war, hatte er ihm zu dessen Unmut dargelegt, dass ein Krieg gegen Russland nicht zu gewinnen sei. Und so kam es auch: Der Feldzug endete in einem Desaster, auch die Bayern wurden in Russland fast vollständig aufgerieben.

Wrede begann gleich danach mit dem Neuaufbau der bayerischen Armee, die alsbald aus der verhängnisvollen Koalition mit Napoleon ausscherte. Auch der Vertrag von Ried (1813), der Bayern auf die Seite der Verbündeten gegen Napoleon brachte, trägt die Handschrift Wredes. An der Niederwerfung Napoleons hatte er in den Schlachten bei Brienne, Bar-sur-Aube und Arcis-sur-Aube wesentlichen Anteil. 1814 wurde Wrede zum Feldmarschall ernannt und in den Fürstenstand erhoben.

Montgelas indessen zählt zu Wredes Opfern, da konnte auch die kampfeslustige Ernestine nichts mehr ausrichten. Indem er den Kronprinzen Ludwig, den Hauptfeind Montgelas', nach Kräften bestärkte, arbeitete Wrede konsequent auf Montgelas' Sturz hin. Während sich Montgelas resigniert auf seine Landgüter zurückzog, übergab König Max I. Joseph an Wrede als Dank das Schloss Ellingen (Kreis Weißenburg-Gunzenhausen). Wrede erwies sich als sensibler Besitzer und kaufte bereits versteigerte Ausstattungsteile wieder zurück, etwa das Altargemälde des Würzburger Hofmalers Oswald Onghers von 1684. Aus Wredes Zeit stammen auch seltene Seidentapeten und klassizistische Pariser Papiertapeten sowie mit Mahagoni furnierte Empire-Möbel. Unter den Nachkommen des 1838 gestorbenen Fürsten blieben die Wohn- und Empfangszimmer des Feldmarschalls unverändert. So können die Besucher die Residenz Ellingen teils noch so erleben, wie Karl Philipp von Wrede sie einst bewohnte. Heute zur Bayerischen Schlösserverwaltung gehörig, ist die Residenz von Dienstag bis Sonntag zu besichtigen ( 9-17 Uhr stündlich Führungen). Auch am 1. Mai ist die Residenz geöffnet.

© SZ vom 28.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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