Gersthofen:Bürgermeister sucht Vollidioten

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Die Bürgermeister von Gersthofen waren schon immer für spektakuläre Aktionen gut. Michael Wörle macht nun rhetorisch auf sich aufmerksam.

Kolumne von Stefan Mayr

Michael Wörle ist nicht der erste Bürgermeister von Gersthofen, der mit extravaganten Aktionen Schlagzeilen macht. Sein Vorvorgänger verschenkte im Jahr 1999 an jeden Bürger der Stadt 100 Deutsche Mark in bar, weil ihm keine bessere Verwendung für den städtischen Überschuss einfiel. Dessen Nachfolger beschimpfte seinen spendablen Vorgänger in einem Zeitungsinterview wiederum als "vielleicht psychisch krank", zudem berichtete er von seiner "leidenschaftlichen Verbindung" mit dessen zweiter Ehefrau. Ist so etwas noch zu toppen in einem 20 000-Einwohner-Städtchen?

Durchaus. Hier kommt der dritte Mann, der sich in der Reihe der exzentrischen Stadtoberhäupter einen Ehrenplatz gesichert hat. Michael Wörle ist gerade einmal ein Jahr lang im Amt, aber auch er ist nun schon über den Augsburger Speckgürtel hinaus in aller Munde. Das schaffte er ganz locker mit einer sechszeiligen Mitteilung auf Facebook, die gleich ohne Umschweife zur Sache kam:

"Liebe Vollidioten und Asoziale!", schrieb der partei- und offenbar auch furchtlose Bürgermeister. Er zielte damit auf seine, nun ja, Bürger. Wenn auch nicht auf alle. Er meinte nur diejenigen, die zuvor in den Straßen der beschaulichen Stadt drei Kunstwerke zerstört hatten. Einer Figur rissen sie den Kopf ab, eine andere warfen sie um, sodass sie in der Mitte zerbrach. "Diese Aktionen sind sinnlos, niveaulos und einfach nur primitiv", zeterte Wörle im Internet. Nicht ohne den Tätern virtuell die Zunge herauszustrecken: "Bei einer Belohnung von 1000 € könnt ihr es nicht mal den Kumpels erzählen. Ihr Vollpfosten."

Echo auf den Ein-Mann-Shit-Storm

Ups. Das ist dann doch eine ungewöhnliche bis erfrischende Stellungnahme im Zeitalter der aalglatten Verlautbarungs-Politiker. Der Ein-Mann-Shit-Storm blieb nicht ohne Echo. "So eine Wortwahl von einem Bürgermeister?", fragt Userin Ramona. Die Augsburger Allgemeine kritisiert den Wutanfall als "mit falschen Ausdrücken vergiftet". Doch eine Umfrage des Blattes ergab 89 Prozent Zustimmung für den Polter-Politiker. "Klasse Post, Herr Bürgermeister!", lobt User Peter.

Wörle ließ seinen deutlichen Worten inzwischen Taten folgen und verdoppelte die Belohnung für Hinweise auf die Täter auf 2000 Euro. Die Polizei ermittelt wegen "gemeinschädlicher Sachbeschädigung" und meldet eine erste Spur. Der Bürgermeister sagt: "Ich bereue nichts."

© SZ vom 03.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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