Gedenken:Das Kreuz im Mittelpunkt

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Prozessionen und Gottesdienste zu Karfreitag: In den Predigten werden auch aktuelle Themen aufgegriffen

Mit feierlichen Gottesdiensten und Prozessionen haben Bayerns Christen am Karfreitag der Passion Jesu gedacht. Bei sonnigem, aber kühlem Wetter haben mehrere tausend Menschen die älteste deutsche Karfreitagsprozession im unterfränkischen Lohr am Main verfolgt. Am Vormittag zogen etwa 600 schwarz gekleidete Männer und Frauen durch den Ort und trugen dabei abwechselnd 13 lebensgroße schwere Figuren. Die zum Teil Jahrhunderte alten Figuren zeigen den Leidensweg Jesu Christi vom letzten Abendmahl bis zur Kreuzigung. Der Kreuzweg gilt als der älteste erhaltene in Deutschland. In den etwa eineinhalb Stunden verzichteten die Lohrer bewusst auf Gebete und Gesänge - nur rhythmische Paukenschläge und Trauerchoräle der Musikkapellen waren während der Prozession zu hören. Der Marsch ist ein Schweigemarsch, erst im Anschluss wurde auf dem Kirchplatz gebetet und gesungen. Die Polizei sprach von mindestens 7000 Teilnehmern. Erstmals wurde die Prozession im Jahr 1658 urkundlich erwähnt. Seitdem ziehen vornehmlich Handwerker der Region durch den Ort und gedenken des Leids und des Tods Jesu Christi.

Mehrere katholische Bischöfe sprachen sich in ihren Predigten zu Karfreitag für den Verbleib von Kreuzen im öffentlichen Raum aus. Der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick betonte, das Kreuz habe seine Bedeutung für eine humane Gesellschaft und eine gute Zukunft. "Wir dürfen Kreuze nicht abhängen, sondern müssen Inhalt und Sinn des Kreuzes auch den Nichtchristen, Muslimen, Juden und allen Menschen mit und ohne Religion und Glauben erklären." Der Würzburger Bischof Friedhelm Hofmann sagte, Menschen, die das Kreuz aus dem öffentlichen Raum verbannen wollten, fühlten sich dadurch gestört, da es dem Wunsch entgegenstehe, sich ins Vergnügen zu stürzen und zu betäuben.

Der Augsburger Weihbischof Anton Losinger erklärte, das Kreuz gehöre in die Schule, in die Krankenhäuser und in den Alltag der Menschen. Wo junge Menschen keine Antwort mehr bekämen, "entsteht geistige Not". Auch Kranke und Sterbende müssten mit Hoffnung auf den leidenden Christus blicken können. Hintergrund der Äußerungen ist, dass das Bundesverfassungsgericht entgegen seiner Ankündigung nicht mehr erneut über die Rechtmäßigkeit von Kreuzen in Klassenzimmern entscheidet.

Die evangelische Münchner Regionalbischöfin Susanne Breit-Keßler kritisierte zu Karfreitag die verbreitete Haltung, Leid ließe sich vermeiden, etwa durch Abtreibung behinderter Kinder oder am Lebensende durch assistierten Suizid. Die Menschen ahnten nicht, was sie an Hölle lostreten würden, wenn sie Leben qualifizierten nach lebenswert oder nicht, nach wertvoll oder überflüssig, nach mehr oder weniger kostenintensiv.

© SZ vom 04.04.2015 / kna - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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