Franken: Betrug mit Gold-Geschichte:Kleine Bank, großes Geld

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Drei Banker aus Franken winkten Kredite für windige Afrika-Geschäfte durch. Ihr Traum vom Sack voll Gold bringt ihnen jetzt eine Anklage wegen Untreue.

Uwe Ritzer

Dies ist die Geschichte von zwei windigen Geschäftsleuten und drei Provinzbankern. Sie nimmt ihren Anfang im Jahr 2004, als die Kaufmänner im westafrikanischen Guinea unterwegs sind und angeblich ein großes Ding drehen: Der Verkauf von Blutzuckermessgeräten samt Teststreifen an die Armee des durch und durch korrupten Landes soll 1,9 Millionen Euro einbringen.

Geblendet vom Glanz des Goldes: Die Bänker aus der Provinz überwiesen Zehntausende Euro an dubiose Geschäftsleute. (Foto: Foto: ddp)

Dann allerdings tauchen Probleme auf, bei denen die Bank helfen soll. Einer der Männer behauptet, er sitze mit 100 Kilogramm purem Gold schon seit drei Tagen in seinem Hotelzimmer in Guinea fest. Er brauche dringend Schmiergeld, 63.000 Euro, um den Goldschatz durch die Kontrollen am Flughafen zu schleusen.

Und es gibt noch eine andere, mindestens ebenso abenteuerliche Version derselben Geschichte. Da ist von drei Säcken voller Goldstaub die Rede, die man dem Geschäftsmann und seinem Kompagnon so mir nichts dir nichts am Strand von Sierra Leone angeboten habe, für schlappe 60.000 Euro. Das Geld für ihre angeblichen Superdeals bekamen die Männer prompt überwiesen. Und zwar als Kredite von der oberfränkischen VR-Bank in Marktredwitz.

Ganz oben in der Vorstandsetage

Dort gingen die inzwischen als Betrüger verurteilten Afrika-Fahrer offenbar ein und aus. Nicht irgendwo bei kleinen Sachbearbeitern, sondern ganz oben in der Vorstandsetage. Die Genossenschaftsbank hat sich inzwischen in VR-Bank Fichtelgebirge umbenannt.

Doch die peinliche afrikanische Angelegenheit holt sie nun wieder ein. Nach mehrjährigen Ermittlungen hat die Staatsanwaltschaft Hof die drei ehemaligen Vorstände der Bank, Manfred H., Reinhold W. und Karl K., wegen besonders schwerer Untreue angeklagt. Sie müssen sich vermutlich noch in diesem Jahr vor dem Landgericht verantworten.

Dem Vernehmen nach bestreitet das Trio die Vorwürfe. H. und W. ließen auf SZ-Anfrage durch ihre Ehefrauen ausrichten, dass sie derzeit keine Stellungnahme abgeben. Karl K. war nicht erreichbar. Die Details der Anklage will die Staatsanwaltschaft noch nicht öffentlich machen. Nach SZ-Informationen aus gut informierten Kreisen geht es um riskante Darlehen, die ohne genügend Sicherheiten und nach Ansicht der Ankläger mit geradezu fahrlässigem Leichtsinn gewährt wurden. Und zwar nicht nur der Firma eines der verurteilten Geschäftemacher. Dessen Guinea-Expedition soll jedoch den Kern der Vorwürfe bilden.

In der Summe ist von fragwürdigen Krediten in zweistelliger Millionenhöhe die Rede, die allerdings im anstehenden Prozess nicht alle eine Rolle spielen dürften. Wie peinlich das Verfahren für die VR-Bank werden könnte, ließ bereits der Prozess gegen die beiden Afrika-Abenteurer vor drei Jahren erahnen, als beide wegen Betrugs der Bank zu Freiheitsstrafen verurteilt wurden.

Man war wer und wurde überall hofiert

Damals sagte der Richter, dem Duo seien seine Machenschaften "leicht gemacht" worden. Der damalige Vorstand habe "sehr leichtgläubig" gehandelt. Offenbar haben, nicht zum ersten Mal bei einer bayerischen Genossenschaftsbank, sämtliche Kontrollgremien und Sicherheitssysteme über längere Zeit hinweg kläglich versagt. Vielleicht, weil man sich so sicher war.

Man war schließlich wer und wurde überall hofiert. Der Volksmund in dieser nordöstlichsten Ecke Bayerns benannte die Bank jahrelang einfach mit dem Familiennamen des Angeklagten Manfred H. Schon dessen Vater hatte zwei Jahrzehnte an der Spitze des Geldinstituts gestanden, und als er sich zur Ruhe setzte, ging der gutdotierte Chefposten im Stile absolutistischer Fürstenhäuser direkt auf den Sohn über.

Niemand im Aufsichtsrat und offenbar auch nicht beim Genossenschaftsverband Bayern (GVB) nahm daran Anstoß. Der Sohn gerierte sich als "mit allen Wassern gewaschener Finanzexperte, der schon mal millionenschwere Engagements riskant jonglierte", wie die Frankenpost schrieb. Offenbar brannten in diesem Umfeld allerhand Sicherungen durch.

So abenteuerlich die Afrika-Geschäfte vom ersten Tag an auch klangen - die Kredite dafür flossen offenbar bisweilen auf telefonischen Zuruf aus Guinea. Auch dass die Blutzuckermessgeräte mit Gold statt Geld bezahlt werden sollten, machte die Bänker nicht stutzig.

Sie glaubten anscheinend den Versprechen von angeblich einer Million Euro Reingewinn. Tatsächlich musste die VR-Bank am Ende allein bei einem der Afrika-Fahrer Kredite von mehr als einer Million Euro als "uneinbringlich" abschreiben.

Der großen Gier folgte der große Jammer. Die VR-Bank ging in der Folgezeit beinahe unter. Ihre Eigenständigkeit geriet in Gefahr, eine Zwangsfusion drohte. Immer wieder musste sie zudem Schadenersatz an Kunden zahlen, weil man Zins- und Wertstellungen falsch berechnet hatte.

Die neuen Leute erwägen Schadenersatzklage

2004 musste Vorstandschef Manfred H. seinen Posten räumen. Dass dem gescheiterten Bänker sein Abschied angeblich mit einer Abfindung versüßt wurde, mag der jetzige Vorstandsvorsitzende Johannes Herzog weder bestätigen noch dementieren. Auch die nun mitangeklagten Ex-Vorstände Karl K. und Reinhold W. verließen das Geldinstitut.

Herzog sitzt seit 15. November 2008 im Vorstand der VR-Bank Fichtelgebirge, bereits seit 2005 arbeitete er dort als Prokurist. In den Jahren zuvor war er einer der GVB-Verbandsprüfer, welche die Bank-Bilanzen regelmäßig unter die Lupe nahmen.

Dabei waren offenbar die fragwürdigen Afrika-Kredite aufgefallen. Informiert wurden zunächst nur die Bankgremien und später die Bundesfinanzaufsicht Bafin. Sie leitete daraufhin eine Sonderprüfung ein.

Herzog zufolge hat die VR-Bank ihre aus dieser Zeit resultierende wirtschaftliche Schieflage erst 2009 überwunden. Die neuen Leute in Vorstand und Aufsichtsrat erwägen nun, die drei Ex-Vorstände auf Schadenersatz zu verklagen - je nachdem, wie das anstehende Strafverfahren endet. "Wir haben alle notwendigen Maßnahmen eingeleitet, damit da nichts verjährt", sagt Herzog.

© SZ vom 04.02.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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