Fraktionschef schweigt:Denkpause

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Ob es heuer ein Fischerstechen auf der Regnitz gibt, ist unklar. (Foto: David Ebener/dpa)

Bambergs CSU verordnet sich nach Sandkerwa-Eklat Ruhe

Von Olaf Przybilla, Bamberg

Es gibt diverse politische Bußrituale, dass ein Chef sich aber selbst eine "Denkpause" verordnet, ist eher selten. Die Nürnberger SPD hat sich so eine mal über etliche Jahre selbst auferlegt, es ging damals darum, ob man wirklich eine große neue Zufahrt zu einem wenig frequentierten Flughafen brauche. Das Mittel gilt schon deshalb als weniger beliebt, weil es dem politischen Gegner eine maliziöse Frage geradezu in den Mund legt: Ist das eine Pause zum Denken? Oder vom Denken?

In der Causa "Prekariat auf der Bamberger Sandkerwa" wird sich der politische Gegner diese Boshaftigkeit schenken können. Denn der Mann, der sich die Denkpause nun selbst verordnet hat, gilt schon als genug gestraft. Helmut Müller, CSU-Fraktionschef im Bamberger Stadtrat, hatte dem Fränkischen Tag anvertraut, dass auf dem beliebtesten Fest der Stadt "niedere Schichten" zusammenkämen, "um sich zu besaufen". Und er hat sich jetzt, nach einer Fraktionssitzung, zu zwei politischen Kunstgriffen entschieden. Erstens zu einem mea culpa, mea maxima culpa. 30 Jahre mache er schon Politik, darunter auch als Abgeordneter im Landtag, sagt der 73-Jährige. Ein ähnlich "gravierender Fehler" sei ihm aber in all der Zeit nicht unterlaufen. Und zweitens zu besagter "Denkpause", die er sich mit sofortiger Wirkung selbst auferlege.

Nun kann man auf den Gedanken kommen, dass ein Vorsitzender in selbst verordneter Denkquarantäne seine Fraktion vor allerlei pragmatische Probleme stellen könnte. Aber auch daran hat die Bamberger CSU gedacht. In der Prekariats-Krise hat sich die Partei zur ganz großen Lösung durchgerungen: Vorsitzender im Stadtrat bleibt Müller (im Stadium allerdings als Nur-Denkender). Während dieses Denkens soll nach innen der Stellvertreter Müllers wirken, Peter Neller. Während nach außen der CSU-Kreischef, Christian Lange, die Partei vertreten will. Sollten dann Fragen offen sein, stünde ein Sprecher bereit.

Wie lange das so gehen soll? Das, sagt Lange, sei Gegenstand des Denkens. So habe sich Müller das gewünscht. Diesem "Wunsch nach einer Denkpause zu entsprechen", hätten sich alle CSU-Gremien entschieden, schon "aus Respekt vor der Lebensleistung" Müllers. Etwa gleichzeitig zur CSU-Fraktionssitzung war am Montagabend auch ein weiteres Mal über den Fortgang der Sandkerwa verhandelt worden. Sie ist in ihrer Existenz bedroht, weil die Veranstalter an Grenzen gestoßen sind. Ergebnis dieser zweiten Sitzung: Alle wollen noch mal nachdenken.

© SZ vom 24.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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