Erbstreit in Oberbayern:Hof steht vor der Zwangsräumung

Lesezeit: 2 min

  • Ein jahrzehntelanger, erbitterter Familienstreit endet in einer harten Gerichtsentscheidung.
  • Das Amtsgericht Ebersberg hat einen Gerichtsvollzieher bestellt, der die Zwangsräumung des Forstmaierhofes veranlassen soll.
  • Niemand weiß, was mit den Tieren auf dem Hof geschehen soll.

Von Korbinian Eisenberger, München

Das Bauerndrama im oberbayerischen Landkreis Ebersberg soll am Dienstag in einer Zwangsräumung enden. Trotz der Proteste aus der Umgebung hat das Amtsgericht Ebersberg einen Gerichtsvollzieher bestellt. Damit Hans Forstmaier, seine Frau Rosi und deren fünf Kinder um neun Uhr den Hof verlassen, werde er im Ernstfall, "verschlossene Türen und Behältnisse gewaltsam öffnen sowie etwaigen Widerstand mit Hilfe der Polizei" brechen. "Wir haben jetzt die wichtigsten Sachen in unser Haus nach Gars geschafft und können dort wohnen", sagt Rosi Forstmaier. Die Kinder hätten für eine Woche schulfrei bekommen, bevor sie nächste Woche in eine neue Klasse kommen. Nur was mit den 150 Rindern und Kälbern passiert, sagt Rosi Forstmaier, "das weiß niemand wirklich".

Erbstreit in Oberbayern
:"Die müssten uns schon raustragen"

Nach jahrzehntelangem Streit hat eine Mutter ihren Sohn und dessen siebenköpfige Familie vom Hof geklagt. Doch die Bauersleute vom Forstmaier-Hof weigern sich auszuziehen - auch wegen ihrer 150 Tiere. Denn eine Zwangsräumung wäre deren sicheres Todesurteil.

Von Korbinian Eisenberger

Dass der Jahrzehnte währende Familienstreit mit einer solch harten Gerichtsentscheidung endete, ist für viele Nachbarn und Menschen aus der Region schwer zu fassen. Allein die Tatsache, dass die Altbäuerin Gertraud Forstmaier ihren eigenen Sohn vom Hof klagte, sorgt nach wie vor für Empörung. Der Anwalt des Jungbauern und eine 80-köpfige Bürgergruppe erheben schwere Vorwürfe gegen das Amtsgericht Ebersberg: Danach weigere sich die Behörde, wichtige Zeugen anzuhören. Menschen, welche die Hinweise bestätigen würden, wonach das Urteil zur Zwangsräumung nie hätte gefällt werden dürfen.

Die Stimme des Altbauern zählt nicht mehr

In einem Brief an das Amtsgericht und an Bayerns Justizminister Winfried Bausback präsentiert Anwalt Herwig Eder-Richter zwei neue Zeugen. Nach ihren Angaben wolle der eigentliche Eigentümer, der Altbauer, den Bauernhof nicht seiner Frau überlassen. "Er will den Hof an den Sohn übergeben und versteht nicht, warum die Übergabe nicht schon längst erfolgt ist", heißt es in der Aussage eines benachbarten Zeugen. Weil das Wort des Altbauern vor Gericht jedoch nicht mehr zählt, spricht Eder-Richter von einem "zweiten Fall Mollath".

Erbstreit in Oberbayern
:Vom Hof geklagt

Seit zwölf Generationen führen die Forstmaiers einen Bauernhof in Oberbayern. Der Betrieb floriert, doch eine 13. Generation wird es nicht geben. Die Altbäuerin hat sich mit ihrem Sohn überworfen und vor Gericht erzwungen: Die siebenköpfige Familie muss am 1. Advent ausziehen.

Von Korbinian Eisenberger

Nach einem folgenschweren Unfall vor 20 Jahren war dem inzwischen 82-Jährigen ein Betreuer zur Seite gestellt worden. Der Grafinger Anwalt Peter Hohlweg soll seitdem die Entscheidungen im Sinne des Altbauern treffen, auch was die Hofübergabe betrifft. Gegen Hohlweg erheben die Jungbauern den Vorwurf, er würde weniger den Altbauern, sondern mehr die Interessen der Frau des Altbauern vertreten. Hohlweg und Gertraud Forstmaier bestreiten diese Vorwürfe stets vehement. Vor der Zwangsräumung war die Altbäuerin für eine Stellungnahme jedoch nicht zu erreichen. Sie soll schon seit einem Monat nicht mehr auf dem Hof gesehen worden sein und habe den Altbauern an einen unbekannten Ort in Pflege gegeben, sagen die Jungbauern.

Niemand weiß, wie es mit den Tieren weitergeht

Was mit dem Hof und den etwa 150 Rindern von Dienstag an passieren soll, darauf gibt Gertraud Forstmaiers älteste Tochter mögliche Antworten. "Die Tiere werden nicht geschlachtet", hofft sie. "Der Hof wird weitergeführt, von wem auch immer." Dass seine Mutter und seine vier Schwestern den Hof weiterführen, das könne er sich "aber nur schwer vorstellen", sagt der scheidende Bauer Hans Forstmaier. Lediglich eine der Schwestern habe eine landwirtschaftliche Ausbildung. "Aber die hat schon einen Hof", sagt er.

Die Forstmaiers hoffen jetzt noch auf eine Antwort des bayerischen Justizministers. Es müsste freilich sehr schnell gehen, andernfalls könnte die zwölfte Generation des Forstmaierhofs die letzte gewesen sein.

Anmerkung der Redaktion: Bislang hat Süddeutsche.de vom Oberhuber-Hof und der Familie Oberhuber berichtet. Da ihre wahren Namen durch das öffentliche Interesse und die zunehmende Berichterstattung in anderen Medien hinreichend bekannt sind, berichten auch wir jetzt nicht mehr unter Pseudonym.

© SZ vom 12.01.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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